Mörderisches Bremen und Ostfriesland: Interviews zu Neuerscheinungen

weitere zwei Neuerscheinungen – und die Autorin bzw. eine der beiden Herausgeber im Interview. Diesmal geht es nach Bremen und Ostfriesland.
KBV-Autoren in Hörfunk & TV: Auf SWR3, im WDR, SWR und BR-Alpha, dazu aktuelle Rezensionen und eine Vorankündigung, die auf unserem Facebook-Account für neue „Gesehen“, „Like“ und Kommentar-Rekorde gesorgt hat: Im Herbst zieht das Hillesheimer „Kriminalhaus“, in dem auch der KBV-Verlag untergebracht ist, um.
Erneut, weil aktuell: KBV in Leipzig. Geländeplan, Termine. Wir sind auf der Buchmesse in Halle 4, C 105.
Und zum guten Schluss weitere Termine: KBV-Autoren lesen vor.

„Jeder Stadtteil Bremens lebt in den Geschichten“

Christiane Franke über Bremer „Tatorte“, einen Stammtisch, Wahrheit und Authentisches in einem Krimi

Kurzkrimis, die dem realen „Tatort-Umfeld“ eine literarische „Liebeserklärung“ machen, das ist eine etwas ungewöhnliche Kombination. Was ist das „Besondere“ der Zuneigung Ihrer Kolleginnen und Kollegen in den MORDLANDSCHAFTEN zu Bremen und Bremerhaven?
Franke: Das Besondere ist die Liebe der Autoren zu den von ihnen gewählten Stadtteilen, die in jedem der Texte mitschwingt. Jeder Stadtteil ist im Prinzip ein Protagonist der Geschichte und man lernt als Leser auch jene Teile Bremens und Bremerhavens kennen, die einem bislang fremd waren. Jeder Stadtteil lebt in den Geschichten, jeder hinterlässt einen anderen Eindruck, ob es Huchting in Corinna Gerhards Text ist, Truxi Knierims Östliche Vorstadt, Kathrin Wischnaths Gröpelingen, ‚mein' Schnoor, das Ostertor-Viertel bei Jürgen Alberts, oder der Fischereihafen Bremerhaven bei Heinrich-Stefan Nölke, um nur ein paar zu nennen.

Geboren wurde die Idee u.a. beim „Bremer Krimistammtisch“. 17 der 27 Autoren wohnen immerhin in der Hansestadt oder in Bremerhaven. Erzählen Sie!
Franke: Die Idee zum Bremer Krimistammtisch hatten Hans-Jürgen Rusch und Alexa Stein und so luden sie Autoren aus Bremen und Umzu, wie es bei uns so schön heißt, dazu ein. Wir treffen uns regelmäßig in der Krimibibliothek der Zentralbibliothek Bremen, die in Deutschland einmalig ist. Seit 2000 wird dort die gesamte deutsche Kriminalliteratur nebst Sekundärliteratur gesammelt, allerdings darf man diese Bücher nicht ausleihen, es ist eine Präsenzbibliothek. Doch man hält sich gerne in dem großen, mit dunklem Holz verkleideten Raum auf. Für uns Krimiautoren hat dieses Umfeld natürlich ein besonderes Flair. Dementsprechend entstehen hier jede Menge mörderischer Ideen. Wir organisieren gemeinsame Lesungen, laden Dozenten z.B. aus Polizeikreisen ein. Und haben eben auch dieses Buch zusammengestellt, bei dem Jürgen Alberts und ich die Aufgaben der Herausgeber übernommen haben.

Dass alle Beiträge eines Bandes der MORDLANDSCHAFTEN ausschließlich in einer Stadt spielen, kommt nicht allzu häufig vor. (bei KBV auch in „Regensburger Requiem“, hrsg. von Barbara Krohn – siehe kommenden Newsletter am 15.3.2013) Warum diese Beschränkung?
Franke: Die Idee zu diesem Buch hatte Jürgen Alberts. Er meinte, es gäbe zwar jede Menge unterschiedlicher und guter Anthologien, aber einer Stadt eine komplett eigene Geschichtensammlung zu widmen, sei etwas Neues. Davon war der Krimistammtisch gleich begeistert und auch dem KBV-Verlag hat unsere Idee prima gefallen. Und so gibt es nun ein für deutsche Städte ein fast noch nie dagewesenes Buch, das so facettenreich ist wie das Auge einer Fliege: es sind Texte dabei, die unter die Haut gehen und tief berühren, wie Helge Thielkings „Zwölf", aber auch schräg humorige wie Holger Wittschens „Flucht nach Paris". Rene Paul Niemann macht einen mit „Schiffe versenken" in Bremerhaven Mitte fast sprachlos und wenn Alexa Stein meint „Es muss nicht immer Mord sein" ist man als Leser direkt angesprochen.

Eine ganze Reihe der Autoren sind Journalisten, eine sogar eine langjährige Polizeireporterin. Das spricht für einen gewissen Realismus-Gehalt in den Geschichten. Oder ist die Vermutung falsch?
Franke: Tatsächlich liegen einigen der Geschichten wahre Begebenheiten zugrunde. Andererseits haben natürlich alle Geschichten den Realismus-Gehalt, ob man das Fest im Ostertor-Viertel nimmt, die Betrugs-Tricks bei älteren Menschen, den spielsüchtigen Versicherungsvertreter, den Vater, der verhindern will, dass seine Tochter in schlechte Gesellschaft gerät, auch sozialkritische Themen werden aufgegriffen. Die Autoren gucken hin, wenn etwas geschieht, und richten mit ihren Texten das Augenmerk der Leser auf Dinge, die ihnen wichtig sind, manchmal durchaus mit einem Schmunzeln.

Bremen ist nicht nur durch die Stadtmusikanten, natürlich auf dem Cover, bekannt. Auch der „Roland“ vor dem historischen Rathaus der alt-ehrwürdigen Hansestadt steht für eine Geschichte, die zur Legende wurde. Tauchen solche und andere Bremer- und Bremerhavener Geschichten, Erzählungen oder Sagen in den Krimis auf?
Franke: Nein. Zwar spaziert die Ich-Erzählerin in Mirjam Phillips Text „Der Regenschirm" ins Parlamentsgebäude und wirft von dort aus dem ersten Stock einen Blick auf den Roland, aber sonst hat nur mein Text mit den Bremer Stadtmusikanten ein Wahrzeichen auch inhaltlich aufgenommen. Es ging ja auch nicht darum, Bremer- oder Bremerhavener Geschichten und Bremer Sagen kriminell umzusetzen, obwohl Sie mich da natürlich auf eine tolle neue Idee für den Krimistammtisch bringen!

Schon Wochen vor dem Erscheinungstermin der Kurzkrimisammlung sind eine ganze Reihe von Autorenlesungen in und um Bremen und Bremerhaven gebucht. Eine erfreuliche Nachfrage. Haben Sie eine Erklärung dafür, wird eine „Lücke“ im Kurzkrimiangebot der Region geschlossen?
Franke: Wir Autoren sind auch völlig begeistert von der Bereitschaft und Lust der Bremer - und Bremerhavener Veranstalter, so vielzählig Lesungen anzubieten. 23 Lesungen stehen schon vor dem Erscheinungstermin fest! Ich denke, das spricht für sich, beziehungsweise für das Interesse, das „Etwas Besseres als den Tod" auf sich zieht. Die Erklärung dafür liegt sicherlich darin, dass es für jeden der Stadtteile neu ist, Schauplatz einer „eigenen" Geschichte zu sein, die in vielen Texten auch nur in eben diesem Stadtteil spielen kann. Nehmen Sie da z.B. Heidrun Immendorfs Text, der in Strom spielt. Ich denke, das macht das Besondere aus, das Buchhandlungen und andere Orte reizt, im Mittelpunkt des Geschehens auch aktiv zu werden und die Geschichten bei Lesungen lebendig werden zu lassen. Dennoch muss man Bremen nicht kennen, um die Texte zu mögen, andersherum kann man es genauso angehen: Wer Bremen noch nicht kennt, wird nach dem Lesen dieser Geschichten garantiert neugierig, den einen oder anderen Stadtteil für sich zu entdecken! Und dabei wünschen wir Autorinnen und Autoren mörderischen Spaß!

CHRISTIANE FRANKE & JÜRGEN ALBERTS (Hg.)
Etwas Besseres als den Tod…
30 kriminelle Liebeserklärungen an Bremen und Bremerhaven
MORDLANDSCHAFTEN
Taschenbuch
320 S.
ISBN 978-3-942446-78-5
9,90 Euro

Christiane Franke im Internet: www.christianefranke.de
Jürgen Alberts im Internet: www.juergen-alberts.de

Die Bremen-Krimisammlung im TV

Dienstag 12.03.2013

Radio Bremen – Fernsehen – 18.45 Uhr: „Ansichten“

Info: www.radiobremen.de/fernsehen/ansichten/

PREMIERENLESUNG

Mittwoch 13.03.2013

Das Fest zur Buchvorstellung
WallSaal, Bremer Stadtbibliothek
19:00 Uhr

Sonntag 17.03.2013

Lesung der Ostertorgeschichte
zusammen mit Rose Gerdts-Schiffler
Matinee im Cinema Ostertor
11.00 Uhr

Weitere Termine auf www.kbv-verlag.de und der Homepage von Jürgen Alberts

„Viele überrascht Ostfrieslands große Geschichte“

Regine Kölpin über einen Wiedertäufer, die Beliebtheit historischer Stoffe und die Zukunft einer Hebamme

Frau Kölpin, wer hätte das gedacht: ein historischer Ostfriesland-Krimi jetzt schon in der Fortsetzung. Wie erklären Sie sich den Publikumserfolg der Geschichten rund um die Hebamme Hiske Alken in der Herrlichkeit Gödens?
Kölpin: Ich glaube, das hat verschiedene Gründe. Die Menschen lieben es, etwas aus der Vergangenheit zu erfahren. Und mit der Figur der Hebamme Hiske Aalken, ihrer Beziehung zu Jan Valkensteyn, ihrer Fürsorge, die sie dem Wortsammler zuteilwerden lässt und den Ungerechtigkeiten, denen sie ausgesetzt ist, können sich viele Menschen identifizieren, selbst wenn es Jahrhunderte her ist. Dann ist durchaus interessant, welch große Rolle Ostfriesland in der Religionsgeschichte spielt. Immerhin wurde Emden, neben Wittenberg, als „Genf des Nordes“ gehandelt und nirgendwo war die religiöse Toleranz so groß wie hier. Hinzu kommt natürlich, dass ich die Geschichte, die dem Roman vorausgeht, in Jever als Stadtführung inszeniere und auf diese Weise viele Menschen erreiche, die gern wissen wollen, wie es mit Hiske Aalken weitergeht. Das I-Tüpfelchen werden jetzt die Lesungen an den Originalschauplätzen in Neustadtgödens sein, wo man alles direkt vor Ort weitererleben kann.

Gibt es darüber hinaus ein Interesse an Stoffen aus Ostfrieslands Mittelalter, oder war „Die Lebenspflückerin“ eher die überraschende Ausnahme? Was hören Sie von den Teilnehmern Ihrer historischen Stadtführungen oder aus dem Publikum bei Ihren durchweg gut besuchten Lesungen in Ostfriesland und Umzu, dem Oldenburger- oder Ammerland zum Beispiel?
Kölpin: Das Interesse ist sehr groß. Es ist wirklich so, dass ich mit dem Schwenk in die Historie eher Leser dazugewonnen habe. Für viele ist es überraschend interessant, was für eine gewaltige Geschichte Ostfriesland hat, wie die Herrlichkeit Gödens mit Holland, aber auch mit Münster verquickt war. Ich werde sehr oft angeschrieben oder in den Lesungen und Stadtführungen gefragt, wann es denn weitergeht. Das freut mich natürlich ungemein, denn ich habe ja nach „Die Lebenspflückerin“ und „Der Meerkristall“ noch mindestens einen weiteren Band geplant. Das große Interesse an den Folgeromanen zeigt, dass meine Figur Hiske die Menschen erreicht, das ist sehr wichtig. Und natürlich wollen die Leser auch wissen, wie es mit der Beziehung zu Jan Valkensteyn weitergeht, aber auch wie sich der Wortsammler entwickelt.

Die Liste der historisch verbürgten Persönlichkeiten, die in Ihrem Kriminalroman auftauchen ist beeindruckend. Sie schlagen den Bogen von den Fluchtorten im seinerzeit nur schwer zugänglichen Ostfriesland bis in die stolzen Seestädte wie Emden oder die nahe Residenz Oldenburg. Langsam wird ein Zeiten- und Sittengemälde aus den Büchern rund um die Hebamme Hiske Alken, oder ist das übertrieben?
Kölpin: Das bleibt sicher nicht aus. Ich bemühe mich sehr, die Fakten korrekt wiederzugeben und die Geschichte so spielen zu lassen, dass es sich wirklich genauso hätte zutragen können. Dennoch bleibt es ein erzählter Roman. Kleine dichterische Freiheiten müssen da erlaubt sein, damit die Geschichte rund laufen kann. Das unterscheidet es ja von einem Sachbuch. Es ist gerade bei historischen Persönlichkeiten ohnehin immer Interpretationssache. Man kennt nur die Biografien oder kurze Lebensabschnitte und muss daraus Romanfiguren machen, die mit der Biografie konform gehen, aber sie müssen eben auch in den Roman passen. Ein gutes Beispiel ist der ehemalige Wiedertäufer Hinrich Krechting. Über ihn gibt es selbst bei Historikern ganz verschieden Ansätze. Ich habe versucht, mich in sein Denken hineinzuversetzen, seine Zerrissenheit, aber auch seinen Machtanspruch zu verstehen und habe seine Person lange mit verschiedenen Historikern diskutiert. Irgendwann hatte ich einen Menschen vor Augen, mit dem ich etwas anfangen konnte. Es muss mir geglückt sein, denn von den Fachleuten (Dozenten und Historikern) habe ich schöne Rückmeldungen erhalten wie: „Jetzt habe ich den Mann endlich verstanden“ oder Kommentare wie „ Hinrich Krechting ist jetzt mein persönlicher Held!“ Das ist im Vorfeld immer viel Arbeit, die sich aber lohnt, immerhin wird „Die Lebenspflückerin“ in den Schulen hier sogar als Religionslektüre gelesen.

Ohne zu viel zu verraten: wird Hiske Alken Band 2 „überleben“? Kann ihre Geschichte weitergehen, und haben Sie schon entsprechende Pläne?
Kölpin: Sie überlebt, ich will ja noch den dritten Band mit ihr schreiben. Aber es wird nicht einfach für Hiske in „Der Meerkristall“. Es gibt einen Toten, dessen wertvolles Medaillon verschwunden ist und das eine Menge mit den Menschen in ihrer Umgebung zu tun hat. Jan kehrt zurück, aber ihrer Liebe werden viele Steine in den Weg gelegt. Das Marschenfieber lässt Alte und Kinder sterben und dann taucht auch noch der alte Peiniger aus Jever auf, der ihr nichts Gutes will. Sie hat also einige Probleme zu lösen. Im nächsten Jahr werde ich sie in jedem Fall noch durch eine weitere Geschichte schicken. Eines steht schon fest: Sie wird einer Frau begegnen, die behauptet, ihre Schwester zu sein. Hiske hatte aber keine Familie und ist bei einer anderen Hebamme groß geworden. Und das Neue Siel wird fertiggestellt sein, der Flecken wird von Fremden aufgesucht, die das spartanische Leben in der Neustadt massiv verändern werden. Und es muss schließlich auch mit Hiske und Jan weitergehen. Ich glaube, das wollen doch sehr viele Menschen wissen. Danach sehen wir mal weiter.

REGINE KÖLPIN
Der Meerkristall
Historischer Kriminalroman
Taschenbuch
320 S.
ISBN 978-3-942446-82-2
9,90 Euro

Regine Kölpin im Internet: www.regine-koelpin.de

Regine Kölpin liest (neu)

Dienstag, 12.03.2013

Krimilesung
bei den Landrauen in Schortens
Friesenhof Schortens
Beginn: 20.00 Uhr

Weitere Termine auf www.kbv-verlag.de und der Homepage von Regine Kölpin

KBV-Autoren in Hörfunk & TV

Rosa und Thorsten im Recherchegespräch mit SWR-Redakteur Andreas Hain im Krimi-Café Sherlock in Hillesheim

Rosa & Thorsten Wirtz und Ralf Kramp auf SWR3 am 11. und 13.03.
„Regionalkrimis in SWR3-Land" heißt die Reihe im dritten Hörfunkprogramm des SWR. Rosa und Thorsten Wirtz sind dabei am Montag, 11.03.2013 und Ralf Kramp am Mittwoch, 13.03.2013. Sendezeitpunkte sind nach Angaben der SWR3-Redaktion innerhalb von „SWR3 BIS12“ jeweils gegen 9.45 Uhr. Aktuelle Programmänderungen sind natürlich jederzeit möglich, innerhalb der Programmvorschau des Senders sollten Änderungen aber auch auf der Homepage angekündigt werden. SWR3-Livestream im Web:

Jürgen Ehlers bei „Planet Wissen“ am 11.03.
KBV-Autor Jürgen Ehlers ist hauptberuflich Geologe. Bei Plant Wissen geht es genau darum – sein Hauptthema: Eiszeiten.

Eiszeiten? Gletscher, die in klirrender Kälte vorstießen und gewaltige Eismassen, die das Land bedeckten? Hat es nie gegeben! Davon waren die Geologen noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts überzeugt. Doch nach und nach wurden immer mehr Spuren früherer Tiefkühlphasen der Erdgeschichte entdeckt. Was die Naturforscher schließlich von der Existenz der Eiszeiten überzeugte und wie man sich die Erde in so einer Eiszeit vorstellen muss, das erzählt Dr. Jürgen Ehlers bei Planet Wissen.
Auf folgenden TV-Programmen: WDR, SWR und BR Alpha am 11.03.2013 um 15 Uhr

8. März 2013, von Markus 'Markus S.' Schaffarz

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