Review (Kino): Need For Speed
Physik ist was für Anfänger
So it happened again. Jemand legt viel Geld auf den Tisch um ein Videospiel zu verfilmen. Und manche Spiele hätten einen guten Film verdient. „The Last Of Us“ zum Beispiel. Oder ein grandios wahnsinniger Flick im GTA-Universum.
„HÄTTEN“!
Doch ein paar Genies bei Dreamworks (! Ja, DIE Dreamworks) dachten sich wohl etwas in folgender Richtung ...
„Hmmm… weißt du, wovon es in den letzten Jahren nicht genug im Kino gab? Schnelle und teure Autos mit ganz viel Action und ein wenig Gangster-Attitüde. Irgendetwas, das beim Zuschauer das Gefühl auslöst, schnell sein zu müssen. So ein richtiges Bedürfnis. Ein ähm… ein NEED… ein NEED FOR SPEED! Was? Es gibt eine Videospiel-Reihe mit dem gleichen Namen? Pshhh… lass uns die Rechte kaufen!
Und BÄM! „Need For Speed“ war geboren.
Die „Story“: Tobey Marshall (Aaron Paul - „Breaking Bad“), anerkannter Supidupirennfahrer mit eigener, geerbter Autowerkstatt in Hinterland-City hat kein Geld und daher von Natur aus ein Problem. Seine illegalen Muscle-Car-Rennen durch die nächtlichen Straßen von Backwood-Mountain bringen gerade mal genug ein, um die monatliche Pacht abzuknapsen. Woher die Kohle für das top-notch-Formel-1-Rennüberwachungssystem, mit dem seine Kumpels ihm nützliche Hilfestellungen während der Benzinverschleuderungsspäßchen leisten, kommt oder warum er das nicht einfach verscherbelt, hinterfragen wir lieber nicht, denn das ist eher eins der weniger spürbaren Logikschlaglöcher, bei dem wir auf der Fahrt gegen die Wand nicht einmal versuchen werden auszuweichen.
Und ja, dieses Review wird von dämlichen Auto-Wortspielen wahrscheinlich irgendwann implodieren, in einem nitrogrünen Feuerball oder so.
Zurück zur (bwahahaha) Story: Ein Schelm, der Innovation erwartet, lässt sich sein alter Highschoolrivale Dino (Dominic Cooper - „Captain America - The First Avenger“) mitsamt (seiner) Freundin und Jugendliebe unseres „Helden“ Julia (Imogen Poots - pffrchchch - „Drecksau“) blicken, bietet ihm die Chance mit einer Reparatur schnell Geld zu verdienen und… wisst ihr was? Für einen Film, in dem es darum geht sehr teure Autos sehr schnell durch die Gegend fahren zu sehen, haben sich die Herren Drehbuchautoren (John und George Gatins) hier so viel unnützen und zu großen Teilen sinnfreien (und nirgendwo hinführenden) Fitzelkram aus dem Brägen gezogen, dass man nach diesem „Erlebnis“ gerne die Faust gen Himmel recken und brüllen möchte: „Verflucht seid Ihr, Gebrüder Gatins. Dies hätte ein spaßiger Actionfilm sein können, aber nein, ihr musstet ein Monster erschaffen, halb spaßiger Actionfilm, halb entnervendes Gesabbel und gegen die Wand gefahrenes (da, schon wieder) Schauspiel!“
Darum Kurzversion:
Dino hängt Tobey einen tödlichen Verkehrsunfall an. Tobey geht für zwei Jahre in den Knast und will sich nach Freilassung rächen und seine Unschuld beweisen. Dafür verstößt er gegen jede einzelne Bewährungsauflage, und ich zitiere das Presseheft, „zieht […] eine Schneise der Verwüstung quer durch die vereinigten Staaten…“, um am illegalsten aller illegalen Rennen teilzunehmen, organisiert von unser aller Lieblingsbatman Michael Keaton.
The Good:
Definitiv die Rennen. Need For Speed bietet 3D-Effekte, die einen wieder an die Überzeugungskraft dieser Technik glauben lassen. Geschwindigkeitsrausch auf Geschwindigkeitsrausch mit Mittendrin-Kamerawinkeln und herzschlagbeschleunigenden Fahrmanövern. Und das sage ich als Kraftfahrzeugminimalinteressierter. Ja, das, was man von diesem Film erwartet, liefert er. In vollkommener Perfektion.
The Bad:
Und leider noch so, so viel mehr. So spannend und stylisch das ganze Gefahre auch in Szene gesetzt ist - so zwerchfellkrampfend lächerlich ist alles, was mit Unfällen, Sprüngen und allem anderen, was Autos im Normalfall nicht machen, zu tun hat. Würde man Need For Speed irgendwo für immer in Schleife laufen lassen, man könnte das Momentum von Isaac Newtons Grabrotation als billige, neue und nie versiegende Energiequelle nutzen. Wenn ich aufgrund der Physik einer Actionszene nach 3 Minuten schon keinen Bock mehr habe, mir mit der flachen Hand an die Stirn zu patschen, ist das eindeutig mehr, als der übliche „nja, unrealistisch aber sieht cool aus“-Level, den man üblicherweise (gerade so) einem Film zugesteht.
Was einem diese wunderschöne zweistündige Autowerbung aber gänzlich vergrätzt ist „nur“ alles, was passiert, wenn gerade niemand jemand anderen mit überhöhter Geschwindigkeit durch (ein erstaunlich sauberes und wirtschaftlich integer wirkendes) Detroit jagt.
Die Story, siehe oben. Die Dialoge sind aus dem „Cooler Antiheld hat das Herz am rechten Fleck“-Schüttelhut. Und sie haben nicht gezogen, sie haben das Ding ausgekippt und einfach alle Zettelchen genommen.
The Ugly:
Warum um alles in der Welt immer diese Abziehbildchen? Hier der dreitagebärtige Underdog, da der glatte Selfmade-Schnösel, der einem die Freundin ausspannt, die natürlich genauso (charakterlich) flach ist, wie der Rest der Baggage, insbesondere der coole und lustige, schwarze Freund (gespielt von Rapper Scott Mescudi), der kleine Bruder des Love Interests, dessen Regieanweisung etwa so geklungen haben muss: „Sei der kleine Bruder des Love Interests!“
Ach ja, wirklich hässlich ist hier nun wirklich niemand. (Bis auf die Tatsache, dass in einer Szene im Hintergrund Bullit läuft und später ausgerechnet der fiese Schleimi den McQueen-Gedächtnis-Rolli trägt.). Und ja, ich hab bis hierhin jeden Querverweis auf Herrn Walker und/oder seine schnellen und furiosen Freunde vermieden. Denn ganz ehrlich, Vin Diesel und seine nitroglyceringetränkte Konsorten sind verdammtes Shakespeare gegen das hier. Ein Frosch hätte im Kino sitzen, die „Story“ von Need For Speed kapieren und sogar noch in einem Wort zusammenfassen können:
„Qua(r)k“
Fazit
Ein Film über schnelle Autos darf eins nicht: Sich zu lang anfühlen. Versagt!
Quelle: Mirco Puder für GamesUnit.de