Review (Blu-Ray): Berlin Calling
Der Berliner DJ und Producer Martin, besser bekannt unter seinem Pseudonym DJ Ickarus (gespielt von DJ Paul Kalkbrenner), tourt mit seiner Freundin und Managerin Mathilde erfolgreich weltweit durch alle Clubs. Der Druck auf ihn wird immer größer, da er auch kurz vor der Veröffentlichung seines neuen Albums steht. Nach massiven Drogenkonsum...
...kommt der totale Zusammenbruch. Martin wacht erst wieder in einer Berliner Nervenklinik auf...
Was gibt es Schöneres als das neue Jahr mit einem echten Knaller zu beginnen? "Berlin Calling" ist auf jeden Fall einer, vorausgesetzt man rennt bei elektronischer Musik nicht sofort schreiend weg. Nicht ohne Grund läuft der Streifen nämlich immer noch in einigen Programmkinos (nicht nur in Berlin), denn er schafft es erfolgreich das "elektronische Lebensgefühl" in der Hauptstadt mit allen seinen Licht- und Schattenseiten im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends festzuhalten.
Ein Hauptgrund hierfür sind auch die schauspielerischen Leistungen. Bei Paul Kalkbrenner als DJ Ickarus tritt der seltenen Fall ein, dass jemand einerseits ein Urgestein der Berliner Clubszene ist und anderseits auch schauspielerisches Talent besitzt - und zwar mehr als die meisten deutschen Musiker, die sich ebenfalls im Film versuchen (Grönemeyer und Westernhagen mal ausgenommen). Die Nebenrollen bringen es genau so gut "rüber", insbesondere Corinna Harfouch überzeugt als Drogenärztin, aber selbst kleine Nebenrollen wie der leicht tuntige Klinik-Zivi können überzeugen.
Die Kritik am Drogenkonsum und dessen Folgen ist bei "Berlin Calling" im übrigen eher dezent und hat nichts mit ebenfalls in Berlin spielenden Klassikern wie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" gemeinsam. Stattdessen wird zwar nichts beschönigt, aber auch keine wirklich klare Position bezogen und eine sehr distanzierte Sichtweise des Themas vermittelt. An vielen Stellen bleibt dem Zuschauer komplett selbst überlassen, welche Stellung er zu dem Thema einnimmt.
Gelungen sind bei "Berlin Calling" die tragisch-komischen Momente: Wenn z.B. DJ Ickarus im Drogenrauch in einem Hotel aus dem Essen des Frühstücks kleine Landschaften baut, er eine Sexparty im Drogenvollzug organisiert oder er aus Wut das Büro seiner Plattenproduzentin zertrümmert, dann sind dies tragische Szenen, die einen aber auch zum Lachen bringen.
Was natürlich zu einen gelungenen musikbezogenen Streifen gehört, ist der entsprechende Soundtrack. Und hier lässt sich "Berlin Calling" wahrlich nicht lumpen. Nicht umsonst erreichte das gleichnamige Album zum Film Spitzenplatzierungen in den Clubcharts und allein der Titel-Track "Mango" von Sascha Funke ist ein echter Ohrwurm.
Und damit kommen wir auch zu einem echten Highlight der Blu-Ray von "Berlin Calling": Der Klang! Wie es sich für einen Film mit hohem Musikanteil gehört, machen bei der Blu-Ray die Technosounds akkustisch eine sehr gute Figur. Etwas unterschiedlich verhält es sich leider bei dem Bild. Während einige Szenen auf der Blu-Ray von AV-Visionen / Movienet Film ein gutes Bild machen, sind es gerade die Clubaufnahmen, die qualitativ deutlich abfallen - vermutlich wurde hier mit anderem Material gefilmt. Was diesmal verblüfft, ist die Freigabe des Films: FSK-12 ist für eine Tragik-Komödie mit massigen Drogenkonsum und sogar Sex-Szenen zu Dritt zu Abwechslung mal ganz schön freizügig.
"Berlin Calling" ist sicherlich kein Hollywood-Block-Buster, zeigt aber schon aufgrund seines Kino-Erfolges dass seine Mischung aus Semi-Doku, Musikfilm, Drama und Tragikkomödie wunderbar aufgeht. Die Blu-Ray selbst ist vor allem eine Empfehlung für Zuschauerinnen und Zuschauer, die Wert auf eine optimale Klangwiedergabe des Soundtracks legen.