August Diehl liest »Arbeit und Struktur« von Wolfgang Herrndorf

»Bilanz eines Jahres: Hirn-OP, zweimal Klapse, Strahlen, Temodal. 1¾ Romane, erster großer Urlaub, viele Freunde, viel geschwommen, kaum gelesen. Ein Jahr in der Hölle, aber auch ein tolles Jahr.«

Im Februar 2010 erhielt Wolfgang Herrndorf die Diagnose Hirntumor, nicht therapierbar. Er beschloss, die ihm verbleibende Zeit mit Arbeit zu füllen. Arbeiten gegen die Verzweiflung. Arbeiten, um der Existenz Struktur zu geben. Im September 2010 machte er sein digitales Tagebuch als Blog öffentlich: Arbeit und Struktur. Letzter Eintrag: 20.8.2013.

Arbeit und Struktur
»Dann Telefonat mit einem mir unbekannten, älteren Mann in Westdeutschland. Noch am Tag der Histologie war Holm abends auf einer Party mit dem Journalisten T. ins Gespräch gekommen, dessen Vater ebenfalls ein Glioblastom hat und noch immer lebt, zehn Jahre nach der OP. Wenn ich wolle, könne er mir die Nummer besorgen.
Es ist vor allem dieses Gespräch mit einem Unbekannten, das mich aufrichtet. Ich erfahre: T. hat als einer der ersten in Deutschland Temodal bekommen. Und es ist schon dreizehn Jahre her. Seitdem kein Rezidiv. Seine Ärzte rieten nach der OP, sich noch ein schönes Jahr zu machen, vielleicht eine Reise zu unternehmen, irgendwas, was er schon immer habe machen wollen, und mit niemandem zu sprechen. Er fing sofort wieder an zu arbeiten. Informierte alle Leute, dass ihm jetzt die Haare ausgingen, sich sonst aber nichts ändere und alles weiterliefe wie bisher, keine Rücksicht, bitte. Er ist Richter.
Und wenn mein Entschluss, was ich machen wollte, nicht schon vorher festgestanden hätte, dann hätte er nach diesem Telefonat festgestanden: Arbeit. Arbeit und Struktur

Arbeit und Struktur erscheint am 19. Dezember als Hörbuch. Gelesen wird der Text von August Diehl, der für seine Interpretation von Herrndorfs In Plüschgewittern 2008 hochgelobt wurde.
Eine längere Hörprobe finden Sie hier.

Wolfgang Herrndorf, 1965 in Hamburg geboren, hat Malerei studiert und unter anderem für die Titanic gezeichnet. 2002 erschien sein Debütroman In Plüschgewittern, 2007 der Erzählband Diesseits des Van-Allen-Gürtels und 2010 der Roman Tschick, der zum Überraschungserfolg des Jahres avancierte. Wolfgang Herrndorf wurde u.a. mit dem Brentano-Preis (2011), dem Deutschen Jugendliteraturpreis (2011), dem Hans-Fallada-Preis und dem Leipziger Buchpreis (2012) ausgezeichnet. Wolfgang Herrndorf starb am 26. August 2013.

August Diehl ist seit 2013 Ensemblemitglied am Burgtheater in Wien. Auf der Leinwand war er unter anderem in Filmen von Heinrich Breloer, Hans-Christian Schmid und Quentin Tarantino zu sehen. Seine Lesung von In Plüschgewittern wurde auf Platz 1 der hr2-Hörbuchbestenliste gewählt.

16. Dezember 2013, von Markus 'Markus S.' Schaffarz

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