Review (Xbox 360): Grand Theft Auto V (GTA V)

Knapp einem Monat nach seinem Release haben wir nun die Rezension zu dem bisher teuersten und kommerziell erfolgreichsten Spiel, GTA V, für euch. Genug Zeit, um über das Spiel zu reflektieren und nicht nur nach dem ersten Eindruck zu beurteilen. Konnte Rockstar also mit GTA V alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen, oder haben sie sich mit diesem Mammutprojekt übernommen?

Dieses Review bezieht sich ausschließlich auf den Offline-Part des Spiels. Getestet wurde auf der Xbox 360.

Grafik

Gehen wir zunächst, wie immer, erst einmal auf die technische Seite des Spiels ein. Die im Voraus veröffentlichten Screenshots versprachen wunderschöne, weitläufige Umgebungen. Tatsächlich erreicht das fertige Spiel das gleiche grafische Level. Ob man nun auf Mount Chiliad steht, von einem der Buchstaben des Vinewood-Schriftzuges auf Los Santos hinunterschaut, oder mit einem Flugzeug über Blaine Country fliegt, der Gesamteindruck ist sehr imposant. Manchmal will man einfach anhalten und die Aussicht genießen. Doch leider findet man genau da die größten Schwächen des Spiels, die dem Gesamteindruck schaden. Die grafische Imposanz konnte sich Rockstar nämlich nur mit sehr vielen Fade-Ins und Pop-Ups erkaufen. Diese zerstören das Spiel zwar nicht, manchen mögen sie vielleicht auch nicht derart krass auffallen, aber unschön ist das Ganze doch. Davon abgesehen haben aber die Animationen der Charaktere in der Welt von GTA V wahrscheinlich den größten Schritt nach vorne gemacht. Vor allem im Vergleich zum Vorgänger wirkt alles sehr viel geschmeidiger und einfach runder. Die weiterentwickelte Euphoria-Engine sorgt auch für ein realistisches Verhalten der Körper im Spiel, ist aber auch immer wieder für sehr lustige Szenen verantwortlich. Einmal fuhr ich mit einem Cabrio neben einem Motorradfahrer entlang und habe diesen dann so gerammt, dass er in mein Auto flog und eine Zeit lang mit mir gefahren ist. Solch kuriose Szenen gibt es zuhauf, und das ist auch gut so.

Sound

Hier hat sich Rockstar noch nie etwas vormachen lassen, und so auch bei ihrer neuen Perle nicht. Der Soundtrack ist mal wieder sehr gut bis großartig. Es gibt eine riesige Auswahl an Radiosendern, die von Snoop Dogg über Rihanna bis Kenny Loggins jedes Genre bedienen. Da wird jeder einen Sender finden, den er mögen wird, auch wenn einem vielleicht DER Sender fehlt (wie es bei mir der Fall ist). Zum ersten Mal in der Serie wurde dem Spiel auch ein eigener Score spendiert, der wirklich grandios geworden ist. Wenn man also mal während einer Mission keine Lust auf Radio hat, wird man nicht von Stille erdrückt, sondern lauscht Musikstücken, die die jeweilige Situation perfekt untermalen. Auch die (englische) Sprachausgabe ist einmal mehr sehr gut und professionell. Ich hatte das Gefühl, als ob selbst jeder noch so unwichtige Charakter von einem Profi gesprochen wurde. Hölzerne Wiedergaben von Standardsprüchen sucht man hier vergebens. Waffen- und Motorengeräusche können sich auch sehen lassen. Man hört sofort, ob man in einem Muscle Car sitzt oder das Pendant eines Prius‘ fährt. Insgesamt gibt es hier absolut nichts zu beanstanden.

Gameplay

Wo soll man hier überhaupt anfangen? Schließlich haben wir es hier mit einem der umfangreichsten Spiele, die je erschienen sind (MMOs mal ausgenommen) zu tun. Am besten mit der Hauptstory. Diese verfolgt die drei Charaktere Michael De Santa, ein ehemaliger Verbrecher, der sich mit seiner (sehr nervigen) Familie in Los Santos zur Ruhe gesetzt hat, Franklin, ein Gangmitglied, der versucht, etwas aus seinem Leben zu machen, und Trevor, der einfach mal keine Tasse mehr im Schrank hat und einfach nur das große Geld haben will. Die Geschichten der drei Charaktere, vor allem wenn sie sich überlappen, sind sehr interessant und halten einen bei der Stange. Es gibt zwar die ein oder andere Schwäche, sei es nun bzgl. der Darstellung einiger Figuren oder etwaige "plotholes", jedoch bleibt die Story durchweg unterhaltsam. Dabei entdeckt man auch schier unendlich viele parodistische und satirische Anspielung auf die amerikanische Kultur, sei es nun Facebook, Twitter oder Videospiele selbst. Die Story erstreckt sich über sage und schreibe 69 Hauptmissionen (die mich ca. 35 Stunden beschäftigt haben), doch diese sind natürlich bei Weitem nicht die einzigen Aufträge, die der Spieler zu erfüllen hat. Immer wieder trifft man auf Unbekannte und Freaks, die einem im Gedächtnis bleiben werden, da auch diese einfach herrlich abgedreht und sehr lustig sind. In gewisser Art und Weise stellen sie sogar Trevor, Michael und Franklin in den Schatten. Okay, Michael und Franklin, Trevor spielt in einer Liga für sich. Ich habe selten solch einen verrückten Psychopaten in einem Spiel gesehen, dessen Handlungen schlagartig von lustig zu tragisch übergehen können.

Wie eben schon kurz angedeutet gibt es schier unendlich viele Möglichkeiten, sich zwischen den Missionen die Zeit zu vertreiben. Man kann zum Beispiel einfach die riesige Map erkunden. Das alleine wird einige Zeit dauern, denn der Staat San Andreas ist ca. drei Mal so groß wie Liberty City in GTA IV. Überall gibt es etwas zu sehen. Zu Beginn bin ich hin und wieder einfach nur die Straßen entlang gelaufen, um zu sehen, was es alles gibt. Tennisplätze, einen Golf Klub, Kneipen, Kinos, Autorennen, Triathlons, Flugschulen, zufällige Begegnungen, Tattoo-Läden, Geschäfte, und so weiter und so fort. Wem hier anfangs langweilig wird, dem ist nicht mehr zu helfen. Nach einiger Zeit bekommt man auch die Option, wie schon in GTA: Vice City und GTA: San Andreas, Geschäfte zu kaufen, die einem dann wöchentliche Einnahmen bringen. Darüber hinaus gilt es auch wieder in der Welt versteckte Objekte zu finden. Wie so oft wird man lange brauchen, bis man das Spiel zu 100% durchgespielt hat (auch wenn hierzu nicht mehr jedes versteckte Objekt gefunden werden muss).

Das Missions-Design ist auch besser und abwechslungsreicher geworden. Oftmals ändern sich die Ziele während der Mission selbst, sodass man nie wirklich weiß, auf was man sich einlässt, wenn man eine Mission startet. Der Höhepunkt sind natürlich die angepriesenen Heists, sprich die groß angelegten Überfälle auf Banken oder Geschäfte. Es macht riesig Spaß, die Umgebung auszukundschaften, etwaige Schwächen zu entdecken, Ressourcen und Personal zu beschaffen, um dann schlussendlich die Mission perfekt durchzuführen. Das alles ist zwar ziemlich "gescriptet", ist aber trotzdem sehr spaßig. Das Personal, was an den Überfällen teilnimmt, wird auch immer besser, doch gibt es nicht genug Heists, dass sich das wirklich bemerkbar machen würde.

Nicht nur während der Missionen hat man die Möglichkeit, zwischen den drei Hauptcharakteren hin und her zu wechseln. Dies geschieht über eine coole Satellitenbild-Einstellung, die äußerst stylish aussieht. Oft erwischt man die Michael oder Franklin, wie sie sich gerade einen Kaffee geholt haben, oder zu Hause aufwachen. Trevor fällt hier mal wieder komplett aus der Reihe, da er meistens gerade irgendeinen Unsinn angestellt hat, und dementsprechend in Frauenkleidern oder umringt von Leichen aufwacht, und das abtut, als wäre es etwas Alltägliches für ihn (ist es wahrscheinlich auch). So schön es auch ist, drei unterschiedliche Charaktere zu haben, so sollten sie sich doch auch unterscheiden. Das ist hier nicht der Fall. Zwar haben die Drei unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeiten und verschiedene Spezialfähigkeiten, doch sind sie prinzipiell nichts anderes als Palette-Swaps, wie man im Beat ‘em Up Genre so schön sagt. Das ist sehr schade. Darüber hinaus wird dem Spieler die anscheinende Entscheidungsfreiheit, die er durch die Auswahl aus drei Charakteren bekommt, vorgespielt, da GTA V den Spieler an gewissen Punkten dazu zwingt, zu einem gewissen Charakter zu wechseln.

Die Steuerung geht insgesamt sehr gut von der Hand. Die Leute, die das Gefühl hatten, dass sich Nico von GTA IV wie ein Panzer auf zwei Beinen steuern ließ, werden sicherlich zufrieden damit sein, wie sich die neuen Charaktere bewegen lassen. Die Autos lassen sich auch wieder etwas genauer und besser über den Asphalt manövrieren, dafür hat die Wendigkeit der Hubschrauber etwas gelitten, die sehr sensibel geworden sind. Die Flugzeuge, die ihr Comeback feiern, lassen sich wie schon in San Andreas ziemlich gut kontrollieren. Die Schusswechsel sind auch verbessert worden. Das Auto-Aim ist zwar immer noch etwas übermächtig (anvisieren, kurz nach oben zielen, Headshot), lässt sich aber ausschalten. Das Deckungssystem wurde verbessert und funktioniert sehr gut, und Waffen gibt es in Hülle und Fülle. Man kann mittlerweile auch alle Waffen, die man findet, behalten, aufrüsten, und in einem Weapon-Wheel auswählen. Nicht realistisch, aber Spaß fördernd.

Los Santos und Blaine Country sind wahnsinnig gut modelliert und aufgebaut. Wie schon gesagt, überall gibt es was zu sehen, Passanten gehen ihrem Leben nach, und die Straßen sind meistens gut gefüllt. Leider merkt man ziemlich schnell, dass die simulierte Großstadt an sich nicht viel mehr ist als eine Deko. Soll heißen, man kann sich zwar alles angucken, doch man kann nur mit wenigen Sachen wirklich interagieren. Das kann und wird natürlich an den Konsolen liegen, die schon aus dem letzten Loch pfeifen (siehe Grafik). Auch merkwürdig ist, dass einige Passanten die Polizei (die um einiges härter und kompetenter agieren als in GTA IV) rufen, wenn man einfach nur neben ihnen stehen bleibt.

Fazit

GTA V ist für mich nicht das Spiel des Jahres. Das ist immer noch Bioshock Infinite (unser Review zu Bioshock Infinite gibt es hier). Nichtsdestotrotz ist es ein großartiges Spiel geworden, eines der besten dieser Generation. Natürlich hat es einige Schwächen, dafür reizt es die aktuellen Konsolen auch bis auf das letzte aus. Es ist einfach unglaublich, wie viel es zu tun gibt. Ich würde jedem, der sich selbst einen Zocker nennt, raten, sich dieses Spiel zuzulegen. Für unsere PC-Freunde hoffe ich, dass auch ihr bald in den Genuss von GTA V kommen werdet.

30. Oktober 2013, von Steffen 'S. Fölsch' Fölsch

Grand Theft Auto V

GenreAction-Adventure
PublisherTake-Two Interactive
Release17.09.2013
EAN5026555258074

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