Review (PC): Shadowrun Chronicles: Boston Lockdown

Shadowrun. Manch einer wird die Romane kennen, andere kennen die bereits erschienen Spiele und haben sie möglicherweise auch gespielt, wiederum andere kennen Shadowrun als Pen & Paper Rollenspiel. Nun hat Nordic Games die Muskeln spielen lassen, und bringt den Shadowrun-Ableger Shadowrun Chronicles: Boston Lockdown an den Start. Alles nur Schall und Rauch, oder steckt mehr dahinter? Hier erfahrt Ihr es.

Mit dem Charakter auf du

Das Spiel findet, Shadowrun-typisch, in der Zukunft eines Fantasy-Settings statt. Somit hat man bei der Charakter-Erstellung die Auswahl zwischen Rassen wir Menschen, Elfen, Zwerge, Trolle oder Orks. Jede Rasse hat spezifische Boni und Mali, die den Entwicklungsweg beeinflussen kann, den man mit dem Charakter einschlägt.
Desweitern kann man sich für einen Charakterhintergrund entscheiden. Die Spanne reicht von Langweiler - keine Boni - bis hin zu zum Beispiel Ex-Scharfschütze. Auch hier sollte man sich bei der Wahl schon Gedanken machen, wohin die Reise gehen soll. Soll es jetzt ein Haudrauf-Char werden, oder doch lieber ein Technomage, der Dronen herbeirufen und übernehmen kann, oder ein schießwütiger Held.
Um den Rollenspielteil nicht zu vernachlässigen, entscheidet man sich noch für ein Geschlecht, einen Namen und schon mal für das grobe Aussehen. Abgesehen von der Hautfarbe und dem Geschlecht, kann man das äußere Erscheinungsbild des Charakters während des Spielens beliebig anpassen. Es gibt im Spiel sogar Auswahlmöglichkeiten für die Unterwäsche, die dann zum Vorschein kommt, wenn der Spieler der Meinung ist, dem Charakter ist zu warm für sonstige Bekleidung.

Und wie geht’s weiter?

Jetzt nachdem man sich für das Aussehen entschieden hat, findet man sich in einem kleinen Ort wieder. Hier kann man sich mit allem eindecken, was ein Shadowrunner fürs Überleben braucht. Es gibt Nahkampfwaffen, Fernkampfwaffen, taktische Waffen (Splittergranate, EMP-Granate, Medikit und ähnliches), Körperverbesserung (bionische Implantate für Arme, Beine Torso und Kopf), Technomage-Artikel und selbstverständlich auch Rüstungen, damit man im Kampf länger durchhält.
Weil man das Spiel nicht nur spielt, um sich in der Stadt aufzuhalten, und mit den NPCs und Shop-Betreibern einen kleinen Plausch zu halten, gibt es bei einigen NPCs so genannte Runs. Dabei handelt es sich um Missionen, die es zu erfüllen gilt. Hierbei wird zwischen Haupt-und Nebenmission farblich unterschieden. So kann man direkt an dem Symbol über dem NPC erkennen, ob man jetzt die Haupt-Story weiter verfolgt, oder ob man mit einer Nebenmission zusätzliche Karma-Punkte, Gegenstände und/oder Geld erhält.
Nimmt man eine Aufgabe an, kann diese auf der Missionskarte ausgewählt werden, die man über das Fahrzeug in der linken oberen Ecke erreicht. Auch hier sind die Missionen farblich markiert, damit man sich besser orientieren kann. Bevor die Mission beginnt, wählt man seine Begleiter aus. Hierbei hat meine recht große Auswahl unterschiedliche Rassen und Klassen. Wenn man die Mission erfolgreich bewältigen möchte, sollte man sich einen Begleiter aussuchen, der nach Möglichkeit den eigenen Charakter ergänzt und hilfreiche Fertigkeiten für die Mission liefert.
In einigen Missionen bekommt man zusätzlich einen Begleiter an die Seite gestellt, der für bestimmte Aufgaben innerhalb der Mission notwendig ist. Dass dieser Begleiter unbedingt überleben muss versteht sich dabei von selbst. Es gibt allerdings auch Missionen, bei denen man eine Person trifft, die man dann eskortieren muss.
Die Mission selbst läuft rundenbasiert ab, ähnlich wie bei zum Beispiel X-COM oder Jagged Alliance. Man hat eine bestimmte Anzahl an Aktionen - in der Regel zwei - pro Charakter und Runde zur Verfügung. Alles, was man macht, kostet eine Aktion. Sei es nun einen Weg innerhalb der Bewegungsreichweite zurücklegen, etwas untersuchen, etwas öffnen/schließen oder die Waffe nachladen. Sobald man die Gegner angreift, endet die Runde für den entsprechenden Charakter.
Innerhalb der eigenen Runde kann man beliebig zwischen den Charakteren hin und her wechseln, und die Anzahl der Aktionen unabhängig voneinander verbrauchen. So kann man zum Beispiel erst die eigenen Charaktere eine geeignete Position einnehmen lassen, bevor zum Beispiel ein Tor zu einem neuen Raum geöffnet wird. Sind alle Aktionen der eigenen Charaktere aufgebraucht, ist der Gegner am Zug. Dieses Spielchen geht so lange weiter bis man entweder das Missionsziel erreicht hat, oder der eigene Charakter bzw. der zu schützende Charakter stirbt. Wenn der eigene Charakter stirbt, hat man allerdings noch 4 weitere Runden Zeit, trotz allem noch das Ziel zu erreichen und die Mission erfolgreich abzuschließen.

Treffen oder Luftloch

Um dem Element Strategie gerecht zu werden, muss nicht nur das eigene Leben bzw. das Leben der Gegner im Auge behalten werden. Es ist auch wichtig, wie man sich positioniert. Jeder Gegenstand, jede Wand und jede Säule auf der Karte bietet unterschiedlich gute Deckung. Dies wird spätestens dann wichtig, wenn es darum geht, den Gegner unter Beschuss zu nehmen. Direkt über dem Gegner wird eine Zahl angezeigt. Diese spiegelt wider, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Treffers ist. So muss man sich entscheiden, ob man lieber in Deckung bleibt, und möglicherweise nicht trifft, oder ob man sich in eine für den Angriff bessere Position bringt, und die Deckung verlässt.
Um sich eine bessere Übersicht über das Gelände zu verschaffen, kann man die Kamera in 90° Schritten drehen. So kann man sich besser hinter Wänden positionieren, oder prüfen, ob man freie Schussbahn von einer bestimmten Position zu einem Gegner hätte. Beim Positionieren der einzelnen Charaktere ist zu Berücksichtigen, dass sie sich auch gegenseitig im Weg stehen können. Eine 2 Charaktere breite Tür ist unpassierbar, wenn bereits 2 Charaktere nebeneinander in der Tür stehen. So sollte man also zum Beispiel darauf achten, dass die Fernkämpfer den Nahkämpfern nicht den Weg zum Gegner blockieren.
Beim Testen dieses Spiels ist uns aufgefallen, dass die Größe des Charakters bei der Deckung keine Rolle spielt. Ein Zwerg, welcher aufrecht vollständig hinter einem Tresen verschwindet bietet ein genau so gutes Ziel wie ein geduckter Ork, bei dem nicht nur die Hörner hinter dem Tresen hervorlugen. Über dieses Manko kann man aber zugunsten des Balancings hinwegsehen. Wobei ich mir so einen hüpfenden Zwerg, der hinter dem Tresen treffen will, durchaus lustig vorstelle.
Für den Kampf besonders interessant ist die Fertigkeit, Drohnen zu rufen. Dies hat man als Fertigkeit für seinen Charakter ausgewählt oder ein Begleiter kann dies tun. Die Drohne stellt einen zusätzlichen Charakter dar, den man strategisch positionieren kann, um so Feinde unter Beschuss zunehmen. Ein sehr nettes Detail ist, wenn die Kamera bei bestimmten Situationen - kritischer Treffer oder One-Hits - in Spielgeschehen hineinzoomt, und die Szene quasi auf Augenhöhe zeigt.

Ich bolz Dich weg

Um in den Missionen besser bestehen zu können, ist nicht nur die Ausrüstung ausschlaggebend. Gelinde gesagt nützt mir eine Vollautomatische Waffe rein gar nichts, wenn ich nicht vorne von hinten unterscheiden kann. Die Waffe richtig halten, können bei diesem Spiel alle Charaktere, jedoch kann man Karmapunkte in unterschiedliche Bereiche Verteilen. So hat man mehrere Fertigkeitsbäume, die sich in die Bereiche Gedanken, Körper, Technomage, Nahkampf, Brutalität, Pistolen, Gewehre und Automatische Waffen unterteilen. Für die Missionen bekommt man unterschiedlich viele Karmapunkte, die man für Fertigkeiten einsetzen kann.
So kann man seinen Charakter spezialisieren und somit auch mehr Schaden austeilen. Jeder Fertigkeitsbaum hat pro Schnittpunkt 2 Fertigkeiten. Hat man sich für eine der beiden Fertigkeiten entschieden, ist die andere Fertigkeit nicht mehr auswählbar. So hat man die Freiheit seinen Charakter in die Richtung zu entwickeln, die man spielen möchte, kann sich jedoch auch bei der Auswahl so verhauen, dass man zwar alles könnte, aber letztendlich nicht das volle Potenzial ausschöpfen kann.

Muss ich das alles lesen?

Die NPCs auf der Übersichtskarte sind nicht nur als Zierde da, damit die Stadt nicht leer wirkt, sondern man kann sich auch mit ihnen unterhalten. Hier wird dann, zusammen mit dem entsprechenden Charakterbild, der Text eingeblendet. Dieser Text wird dann auch noch von dem entsprechenden Charakter gesprochen. Und hier wurde sich auch richtig Mühe gegeben, den Text nicht nur monoton abzulesen, sondern das Ganze auch noch mit etwas Leben zu füllen. Dies sorgt für ein ansprechendes Ambiente, wobei es auch NPCs gibt, die einem wirklich das Ohr abkauen können.
Auch die Missionen, die man bekommt, werden von dem NPC entsprechend sprachlich ausgeschmückt. Hier und da stimmt zwar das gesprochen nicht Wort für Wort mit dem geschriebenen überein, oder das Geschriebene wird gar nicht gesprochen, hierbei handelt es sich allerdings nicht um die Regel.
Auch sehr schön ist es, dass man in den Missionen nicht nur lesen kann, was man machen muss, oder wie lange man durchhalten muss, sondern man bekommt es auch entsprechend von NPCs oder Begleitern mitgeteilt.

Allein, allein…

Shadowrun Chronicles: Boston Lockdown kann man nicht nur alleine Spielen, sondern auch im Co-op mit bis zu 4 anderen Spielern. Dies hängt allerdings von der Mission ab, die man gerade spielt. Hier gibt es Missionen, die für nur 2 Spieler ausgelegt sind, und andere für bis zu 4 Spieler. Zwar kann man diese Missionen auch alleine bewältigen, aber mit anderen Spielern kann man Strategien austauschen, und die Vorgehensweise durchsprechen.
Sollten zum Beispiel 2 Spieler eine 4 Spieler-Mission spielen, werden die freien Plätze durch Begleiter ersetzt. Diese Begleiter können von den jeweiligen Spielern - bei 2 Spielern in einer 4 Spieler-Mission wählt jeder Spieler einen Begleiter aus - ausgewählt werden, und diese Begleiter werden dann im Spiel auch von den entsprechenden Spielern gesteuert.
Das Einladen der Spieler geht recht einfach von statten. In der Stadt laufen einige andere Spieler herum. Wenn man diese mit der Maus anklickt, sieht man einerseits ihre Werte und kann sie zu seiner Gruppe einladen. Es werden dann die Missionen gespielt, die der einladenden Spieler annehmen kann. Da ein Absprechen unter den Spielern für das Gelingen der Mission notwendig ist, gibt es einerseits die Möglichkeit, sich per Textchat abzusprechen, die Voice-Chat-Funktion von Steam zu nutzen oder man nutzt einen Teamspeak-Client außerhalb des Spiels.
Wenn man mit dem Spieler gut harmoniert, oder wenn man mit einem Arbeitskollegen oder Freund zusammen spielen möchte, kann man sich innerhalb des Spiels eine Freundesliste anlegen. Man bekommt dann angezeigt, wie viele und welche der Freunde gerade online sind, und kann so recht einfach mit ihnen zusammen spielen.
Diese Anzeige ist deswegen so wichtig, weil es die Stadt mehr als einmal gibt. Dies ist notwendig, damit sich die anderen Spieler nicht in den Straßen knäulen, und man keinen NPC für Ausrüstung oder Missionen mehr anklicken kann. So wirkt die Stadt zwar immer belebt, ist aber nie überlaufen. Wenn man dann einen Freund zu einer Runde einlädt, wird dieser in die entsprechende Stadt transferiert und andersrum.

Ich mach das aber nicht umsonst

Wie bereits erwähnt, bekommt man für das erfolgreiche Bestreiten der Missionen entsprechende Belohnungen. Diese sind eine unterschiedlich hohe Anzahl an Karmapunkten sowie Geld und/oder Gegenstände. Dies ist allerdings nicht die einzige Möglichkeit, umsonst an Geld oder Gegenstände zu kommen. Bei den Missionen gibt es hervorgehobene Punkte an denen man mit bestimmten Fertigkeiten zusätzliche Gegenstände oder allgemeine Informationen erlangen kann.
Wenn man im Co-Op spielt, bekommen immer beide Spieler einen Gegenstand, unabhängig welche Spieler die entsprechende Fertigkeit einsetzt. Aber nicht alle „Verstecke“ sind hilfreich. Es gibt auch Fallen, bei denen der Spieler, welche sich daran zu schaffen macht, Schaden nimmt. Die gefundenen Gegenstände lassen sich dann entweder in der Stadt zu Geld machen, man kann seinen Charakter damit lustig anziehen oder man kann sich mit Gefunden Waffen, Panzerung oder bionische Verbesserungen besser ausrüsten.

Fazit

Shadowrun Chronicles: Boston Lockdown macht richtig Spaß. Die Missionen sind herausfordernd ohne unfair zu sein. Vor allem scheint Smedley - von ihm bekommt man hauptsächlich Missionen - eine deutlich andere Auffassung von einer leichten Mission zu haben, als ich. Die Missionen, die von ihm als besonders einfach verkauft wurden, hatten es in sich.
Auch der Co-Op Modus macht richtig Spaß, und stellt in meinen Augen auch eine Stärke des Spiels dar. Nichts macht mehr Spaß, als die Missionen gemeinsam zu bewältigen, Strategien abzusprechen und den jeweils anderen mit missglückten Schüssen oder Granatenwürfen aufzuziehen. Aber auch der Singleplayer hat seinen Reiz, wenn keiner der Freunde gerade mal Zeit hat.
Die Synchronisierung ist sehr schön gelöst und trägt ihren Teil zum stimmigen und düsteren Ambiente bei. Ein kleiner Wermutstropfen ist, dass ab und an die NPCs den geschriebenen Text in deutsch nicht sprechen. Ob es sich hierbei um einen Bug handelt, oder ob die Texte schlicht und ergreifend nicht vertont wurden, kann ich jedoch nicht beurteilen.
Alles in allem finde ich das Spiel sehr gelungen. Es ist dabei nicht nur etwas für Shadowrun-Fans sondern für alle Spieler/innen, die gerne Rundenbasierte Strategiespiele im Stil von Jagged Alliance oder X-COM spielen.

zum 2.Teil des Reviews

28. April 2015, von Andreas 'ResQ' Nix

Cliffhanger Productions

Hersteller

Websitecliffhanger-productions.com

Nordic Games GmbH

Publisher

Websitenordicgames.at

Shadowrun Chronicles: Boston Lockdown

PC Spiel

GenreRollenspiel RPG Strategie
PublisherNordic Games EuroVideo
EntwicklerCliffhanger Productions
Release28.04.2015
EAN9006113008026

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