Beratungsstelle Frauennotruf informiert über Angriffe und neue Hilfestellungen nach sexualisierter Gewalt

Eine Straßenaktion mit dem Titel Frankfurts zweitgefährlichster Ort auf der Konstablerwache thematisiert sexualisierte Gewalt in den eigenen vier Wänden - eine breit angelegte Plakataktion in Frankfurt sowie eine Fachtagung ergänzen die Initiative Medizinische Akutversorgung nach Vergewaltigung

Ein Schlafzimmer mitten auf der Frankfurter Konstablerwache steht Pate für die Aktion „Frankfurts zweitgefährlichster Ort“, die heute um 16 Uhr auf der Konstablerwache startete. Das voll eingerichtete und beleuchtete Schlafzimmer soll in den kommenden 24 Stunden Passantinnen und Passanten darauf aufmerksam machen, dass gerade im vermeintlich sicheren Zuhause nicht selten gefährliche Angriffe erfolgen, die üblicherweise mit anderen „dunklen Orten“ in der Stadt in Verbindung gebracht werden. Initiiert wurde der Tatort „Schlafzimmer“ von der Werbeagentur Young & Rubicam (Y&R) Germany, die seit vielen Jahren den Frankfurter Frauennotruf pro Bono unterstützt. Ein QR-Code an der Installation löst die Aktion für die Betrachter/innen auf und informiert mit einem Film darüber, dass Frauen häufig in ihrer eignen Wohnung angegriffen werden. Eine weiterführende Website gibt Frauen, ihren Angehörigen oder Freunden Auskunft, wo und wie Betroffene von sexualisierter Gewalt Hilfe und Unterstützung erhalten können. Um möglichst viele junge Menschen auf die Aktion aufmerksam zu machen, soll der Einsatz verschiedenster Social Media Tools dazu beitragen, dass die Aktion vielfache Multiplikatoren im Netz findet. Ziel der Initiative ist es, das Frankfurter Projekt „Medizinische Akutversorgung nach Vergewaltigung ohne polizeiliche Anzeige“ einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.

„Körperliche und sexuelle Gewalt gegen Frauen findet leider oft unbemerkt in den eigenen vier Wänden statt“, erläutert Angela Wagner vom Frankfurter Frauennotruf. Dies belegt auch die vor kurzem vorgelegte europaweite FRA-Studie „Gewalt gegen Frauen“. Darin berichteten unter anderem 33% der befragten Frauen, dass sie seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren haben - eine von 20 Frauen (5%) wurde vergewaltigt. Weitere 22% gaben an, körperliche und/oder sexuelle Gewalt in der Partnerschaft erlebt zu haben. Dramatische 67% gaben an, schwerwiegendste Gewaltvorfälle innerhalb einer Partnerschaft weder der Polizei noch einer anderen Organisation gemeldet zu haben. „Genau hier setzt unser Frankfurter Projekt an. Für viele vergewaltigte Frauen kommt eine Anzeigeerstattung zunächst nicht in Betracht. Sie sprechen häufig auch nicht mit Dritten über die Tat, da sie befürchten, dass diese über ihren Kopf hinweg Anzeige erstatten“, führt Angela Wagner aus. „Wir möchten diese Lücke schließen. Betroffene, die eine medizinische Versorgung und eine Befundsicherung ohne vorausgegangene Anzeige wünschen, haben Dank der Frankfurter Initiative die Möglichkeit, in sieben Frankfurter Kliniken rasch und unkompliziert Hilfe zu finden.“

Die Aktion „Frankfurts zweitgefährlichster Ort“ wird durch eine breit angelegte Plakatkampagne, die vom Frankfurter Frauenreferat finanziert wurde, flankiert. Der Außenwerbespezialist Ströer Media AG unterstützt die Kampagne zusätzlich mit Freiaushängen. Zwischen dem 25. März und dem 14. April sollen 169 Plakate mit fünf unterschiedlichen Motiven, allesamt von Y&R Germany entwickelt, an werbewirksamen Punkten in Frankfurt auf das Projekt „Medizinische Akutversorgung nach Vergewaltigung“ aufmerksam machen. „Alle Betroffenen sollten nach einer Vergewaltigung Zugang zur bestmöglichen medizinischen Versorgung haben - unabhängig davon, ob sie Anzeige erstatten oder nicht. Mit der Plakataktion möchten wir darauf aufmerksam machen, das dies in Frankfurt vollkommen unbürokratisch und für alle Betroffenen möglich ist“, so Gabriele Wenner, Leiterin des Frankfurter Frauenreferats.

Der Beratungsstelle Frauennotruf ist es in Zusammenarbeit mit zahlreichen städtischen Ämtern, Frankfurter Kliniken und dem Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt gelungen, eine einheitliche und standardisierte Versorgungsstruktur für Opfer sexualisierter Gewalt zu etablieren - auch ohne vorangegangene polizeiliche Anzeige. Die Frankfurter Initiative ist bislang einmalig in Deutschland. Welchen Rahmenbedingungen das Projekt seinen bisherigen Erfolg verdankt und wie es sich auf weitere deutsche Städte und Kommunen übertragen lässt, ist auch Thema einer Fachveranstaltung, die sich am 2. April 2014 an die Aktion anschließt und bundesweit für die Initiative Projekt werben soll. Dazu Angela Wagner: „Eine standardisierte Versorgung gibt es in Deutschland leider nur in wenigen Kommunen und Landkreisen. Diese Versorgungslücke haben wir mit unserem Modell hier in Frankfurt schließen können. Jetzt gilt es, die Initiative Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern weiterhin bekannt zu machen, aber auch weit über die Grenzen der Stadt hinaus zu etablieren.“

Seit Anfang 2013 bieten sieben Frankfurter Krankenhäuser eine Akutversorgung ohne polizeiliche Anzeige an. Weitere Informationen zur Kampagne finden Sie unter soforthilfe-nach-vergewaltigung.de

1. April 2014, von Markus 'Markus S.' Schaffarz