BD/DVD-VÖ | SAVAGED - Ein Blick auf das Genre der Rape and Revenge Filme
Macht, Gewalt und Selbstermächtigung - Das Rape and Revenge Genre
Rache lieferte in der Filmgeschichte in sämtlichen Genres schon oft ein starkes Handlungsmotiv für zahlreiche Klassiker. Mit den Rape and Revenge Filmen hat sich ein eigenes Genre herausgebildet, dessen Leitmotiv schon im Namen so kurz wie schlüssig beschrieben ist und als Subgenre des Exploitationfilms gilt. Aufgrund der oft expliziten und überzeichneten Gewaltdarstellung ist auch eine Zuordnung zum Horrorfilm oft zutreffend - wie aktuell bei SAVAGED, der eben Blu-ray und DVD erschienen ist.
Als Grundstein des Genres gilt Ingmar Bergmans preisgekröntes Werk Die Jungfrauenquelle von 1960. Im stark von religiösen Motiven durchzogenem und im Mittelalter spielenden Drama rächt ein Bauer die Vergewaltigung und den Mord an seiner Tochter durch die Tötung der drei Täter, die nach ihrem Verbrechen ausgerechnet in seinem Haus Unterkunft fanden. Der Film endet mit seinem Gelöbnis, an dem Ort, wo seine Tochter getötet wurde, eine Kirche zu errichten. Von dieser Idee der „Heilung“ distanzierte sich Bergman später. Für die explizite und realistische Darstellung sexueller Gewalt wurde der Film kritisiert und erhielt den Oscar und Golden Globe als bester fremdsprachiger Film.
Profaner und nicht sakral aufgeladen nahm Wes Craven in Das letzte Haus links (1972) dennoch Bezug auf Bergmans Rachedrama. Auch er führt die Vergewaltiger und Mörder in das Elternhaus eines der Opfer und lässt Vater und Mutter grausame Rache an den Tätern nehmen. Aufgrund seiner heftigen Gewaltdarstellung wird Das letzte Haus links auch dem Genre des Slasherfilms zugeordnet und die Originalfassung ist in Deutschland bis heute beschlagnahmt. 2009 erschien ein Remake unter dem Originaltitel The last house on the left, an dem Wes Craven u.a. als Produzent beteiligt war. Die Neuauflage konnte aber gerade dramaturgisch dem Original keine neuen Facetten hinzufügen.
Ab Mitte der 70er-Jahre gab es einen entscheidenden Schnitt im narrativen Grundgerüst der Rape and Revenge-Filme: Das Vergewaltigungsopfer führt die Rache an seinen Peinigern selbst aus. Als Prototyp dieser neuen Erzählweise gilt Ich spuck auf dein Grab (1978) von Meir Zarchi, der das Genre um interessante Aspekte wie Verwandlung und Selbstermächtigung des Opfers, seiner Selbstjustiz und deren Rechtfertigung, erweitert. Dem Film wurde jedoch vorgeworfen, dies zu rudimentär und plakativ abzuhandeln. Auch die Neuverfilmung von 2010, wie schon bei Cravens Werk unter dem Originaltitel I spit on your grave, ließ die Chance ungenutzt, diese Ansätze zu vertiefen.
So bleibt das Genre eine ausdifferenzierte Charakterzeichnung zwar schuldig. Es will aber ohnehin, wie der Exploitationfilm generell, statt einer intellektuellen Auseinandersetzung lieber die affektiven und spontanen Gefühle des Zuschauers ansprechen. Der oscar-prämierte Thelma & Louise (1991) macht die zunehmende Erwehrung zweier Frauen gegen eine chauvinistische Männerwelt stets nachvollziehbar. Da hier die Vergeltung für sexuelle Übergriffe aber nicht handlungsbestimmend ist, wird der Film nicht dem Genre zugeordnet. Beispielsweise auch die verfilmte Millennium Trilogie von Stieg Larsson, die mit Lisbeth Salander sicher eine der bemerkenswertesten Frauenfiguren der letzten Jahre hervorbrachte, oder der nun ebenfalls für’s Heimkino erschienene Asia-Horrorfilm Rigor Mortis (2013) behandeln Rape and Revenge Motive, aber nur in einem von vielen Handlungssträngen.
Savaged (2013) dagegen setzt auf den klassischen Kern des Genres, dezent vermischt mit Elementen des Zombiefilms. So lässt Regisseur Ojeda die taubstumme, von ihren Vergewaltigern für tot geglaubte, Zoe durch ein Schamanenritual wieder auferstehen. Mit der Kampffähigkeit eines alten Apachenhäuptlings ausgestattet, nimmt sie als Untote gleich doppelte Rache. Denn auch der vor langer Zeit ermordete Häuptling hat noch eine alte Rechnung mit den Familien der rassistischen Rednecks offen. Das heftige Rachefest ist nun auf Blu-ray, DVD und Video on Demand erschienen, neben der FSK18-Version auch uncut in der Cinema Extreme-Edition.