Review (Xbox 360): Sniper: Ghost Warrior 2

Mit Sniper: Ghost Warrior 2 versuchte City Interactive die Fehler, die dem ersten Teil die mittelmäßigen bis schlechten Wertungen einbrockten, auszumerzen. Man habe auf die Kritik der Community gehört und würde sich im zweiten Teil auf reine Sniper-Abschnitte beschränken. Ob Sniper: Ghost Warrior 2 es dadurch schafft, ein besseres Spiel als sein Vorgänger zu sein, könnt ihr hier lesen.

Grafik

An dieser Stelle zeigt City Interactive, was mit einer starken Engine alles möglich ist. Leider ist dies in dem Fall negativ zu verstehen, denn obwohl die CryEngine 3 verwendet wird, welche sich bereits für die ausgezeichnete Optik von Crysis 3 verantwortlich zeigt, befindet sich Sniper: Ghost Warrior 2 auf PS2-Niveau. Schon lange habe ich nicht mehr solch grobe und verwaschene Texturen gesehen. Gepaart mit den äußert steifen und abgehackten Animationen, lachhaft anmutenden Schatten- und Bluteffekten sowie der durchschnittlichen Mimik der Protagonisten in den Zwischensequenzen der Kampagne ergibt sich doch ein ziemlich nüchternes Bild. Als ob das nicht schon genug wäre, gibt es unzählige Grafikglitches. Einer meiner Lieblingsglitches war das tanzende Scharfschützengewehr. Nachdem ich es durch ein anderes ausgetauscht hatte, wollte es unbedingt wieder zurück in meinen Besitz und führte dazu einen beinahe hypnotisierenden Tanz auf, wobei es auch noch halb im Boden steckte. Nach solch einer Aufführung musste ich es natürlich wieder aufnehmen, doch gerade als ich gehen wollte fing das eben verbannte Gewehr an, einen ähnlichen Tanz auszuführen. Und so finden wir auch den Übergang zu dem einzigen Detail von Sniper: Ghost Warrior 2 welches sich sehen lassen kann: Die Scharfschützengewehre an sich. Diese sind wunderschön und scharf texturiert, und sind einfach der grafische Star des Spiels. Also, insgesamt eher bescheidenes Niveau in der Grafikabteilung, aber Grafik ist ja nicht alles ...

Sound

Die deutsche Synchronisation wird keine Preise gewinnen und auch sonst niemanden vom Hocker reißen, ist insgesamt aber durchaus akzeptabel. Stereotypische Akzente stoßen auf nicht immer einwandfrei übersetzte Floskeln und Begriffe, es hätte aber durchaus um einiges schlimmer kommen können. Die Musik hält sich während dem Spiel angenehm im Hintergrund, sodass man sich voll und ganz darauf konzentrieren kann, langsam durch die Levels zu schleichen, die Gegner auszukundschaften und schlussendlich auszuschalten. Insgesamt lässt sich an dieser Front wenig berichten, was man als gut auffassen kann. Hier hat City Interactive grundsolide Arbeit geleistet.

Gameplay

Die Story der Einzelspielerkampagne kann man getrost vergessen. Eine 08/15 Story, die nur dazu dient, die verschiedenen Missionen in einen Kontext zu bringen, sodass man nicht den Eindruck hat, man würde sich schlicht von einem Schauplatz zum nächsten Ballern. Aber der Fokus von Sniper: Ghost Warrior 2 liegt auch eher darauf, Missionen aus der Sicht eines Scharfschützen zu erleben. So pirscht man sich in Feindesgebiet mit seinem Spotter zum Einsatzziel voran, immer auf der Hut vor feindlichen Einheiten. Denn eine offene Konfrontation kommt einem Suizid gleich, da die gegnerischen Soldaten für den, ich nenne es mal „Nahkampf“, besser ausgerüstet sind. Deswegen ist das A und O, auf die Anweisungen seines Spotters zu hören, der die Feinde ausspäht und sie dem Spieler anzeigt. Sollte dann doch mal ein Schuss danebengehen, ist das per se noch kein Weltuntergang, nur wird es um einiges schwieriger, das Areal lebend zu verlassen. Denn die Gegner verteilen sich klug in der Gegend, wenn Sie den Spieler entdeckt haben, nehmen Deckung, und drängen immer weiter vor. Da man außer dem Scharfschützengewehr nur noch eine Pistole hat, heißt es also entweder alle noch schnell zu snipern, oder sich auf seine Künste mit der Knifte zu verlassen. Meistens geht dies jedoch in die Hose, da die Gegner im direkten 1:1 übermächtig sind, und einen schnell per Nahkampf oder Maschinengewehr in die ewigen Jagdgründe schicken.

Die Missionen an sich laufen leider meistens nach Schema F ab: Geh dahin, erschieß die Leute, geh weiter, nicht schießen, dieses Mal schleichen, ich geh dahin, du gehst dahin und gibst mir Deckung usw. Abwechslung sucht man hier leider vergebens. Mit ca. 6 Stunden ist die Kampagne auch recht kurz ausgefallen. Die Checkpoints in den Missionen sind insgesamt fair verteilt, hin und wieder liegen sie mal etwas zu weit auseinander.

Das Schleichen durch die Levels geht meist gut von der Hand, doch ist man sehr eingeschränkt in der Bewegungsfreiheit. Man bekommt einen bestimmten Weg vorgegeben, und wenn man sich aus dem Bereich begibt, beginnt sofort ein Timer, der mit dem Ende der Mission droht, sollte man sich nicht umgehend zurück in den Missionsbereich begeben. Ein wirklicher Dealbreaker ist das aber nicht, denn viel zu entdecken gibt es in den Levels nicht. Es sind zwar ein paar Buddha-Figuren o.ä. in einigen abgelegenen Ecken versteckt, doch werden sicherlich nur Perfektionisten sich auf die Suche nach ihnen begeben. Wird man beim Schleichen von einer Wache gesehen, wird dies auf dem HUD angezeigt. Ein roter Kreis umhüllt dann langsam aber sicher das Radar, und wenn dieser voll ist, wurde man entdeckt und darf um sein Leben rennen. Sollte man den Verfolgern tatsächlich entkommen, wird der aufmerksame Spieler merken, dass bei der Munitionsanzeige noch eine weitere Anzeige ist: der Puls. Rennen, Klettern, Schwimmen, all das erhöht natürlich den Puls, wodurch das genaue Schießen natürlich erschwert wird. Doch wenn man ca. dreißig Sekunden wartet hat die Spielfigur wieder einen angemessenen Puls erreicht, und man kann sich in Ruhe auf
die Jagd begeben.

Beim Hantieren mit dem Scharfschützengewehr muss man aufpassen, denn einfach drauf losschießen endet meist darin, dass man das Ziel verfehlt. Man muss nämlich nicht nur die Luft anhalten (was natürlich auch nicht ewig geht), sondern auch noch den Wind sowie den Bullet-Drop mit einberechnen, damit man punktgenaue Schüsse abgeben kann. Auf den ersten zwei Schwierigkeitsgraden ist das alles kein Problem, denn dort bekommt der Spieler nicht nur genau angezeigt, wo die Gegner stehen, sondern auch wohin er zielen muss, um diese zu treffen. Diese Hilfen werden erst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad abgestellt, wodurch das Sniper: Ghost Warrior 2 nochmals an Reiz gewinnt. Leider fällt dann auch auf, dass die Windanzeige recht verwirrend ist, sodass man sich andere Anhaltspunkte suchen muss, um zu sehen, aus welcher Richtung der Wind kommt. Oder man ballert einfach wild drauf los, genug Munition hat man im Normalfall, um einmal pro Mission einen kleinen Amoklauf zu starten. Der letzte Abschuss in einem Areal wird auch immer durch eine Killcam angezeigt, welche der Kugel folgt, bis sie den Gegner trifft. Freunde von Splatter werden jedoch nicht auf ihre Kosten kommen, da diese bei weitem nicht so herrlich grausam wie bei Sniper Elite sind.

Der Multiplayer ist sehr spartanisch. Es gibt nur 2 Modi, und eine sehr kleine Auswahl an Maps. Hinzu kommt, dass es zwar Leaderboards gibt, die Motivation jedoch durch das Fehlen von jeglichen freispielbaren Objekten einen herben Schlag nimmt.

Fazit

Ist Sniper: Ghost Warrior 2 besser als der Vorgänger? Den Kritikern zufolge ja, ich habe ihn nicht gespielt. Ist Sniper: Ghost Warrior 2 ein gutes Spiel? Nein, definitiv nicht. Ist es schlecht? Auch nicht. Wir haben es hier einfach mit Durchschnitt der Güteklasse 08/15 zu tun. Trotz der vielen Mängel habe ich mich öfters dabei ertappt, wie mich das Spiel doch irgendwie unterhalten hat. Wer mit niedrigen bis gar keinen Erwartungen das Spiel in seine Xbox schmeißt wird also nicht wirklich enttäuscht, aber leider auch auf keinen Fall beeindruckt werden.

1. Juli 2013, von Steffen 'S. Fölsch' Fölsch

Ubisoft

Hersteller

Websiteubi.com/de

Sniper: Ghost Warrior 2

GenreAction
PublisherCity Interactive
EntwicklerCity Interactive Games
Websitesniperghostwarrior.com
Facebookfb/SniperGhostWarrior
Release21.08.2012
DistributorUbisoft

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