Review (PC): Bagger-Simulator 2011

Das Baggern ist des Müllers?... Lust?... ne, warte. Nochmal alles auf Anfang. Oh Mann, welcher der tausend Götter des Hinduismus hasst mich denn bitte so sehr? Oder sollte ich lieber fragen, welcher hasst mich eigentlich nicht?

Hier, im Berliner Spieletestbunker wurde mir vor einiger Zeit neue Ware durch den Schlitz, durch den mir auch...

...die toten Ratten, mein Essen gereicht wird, in die Zelle geschmissen - der Bagger-Simulator 2011.

Da mein Schlafgitterrost sonst wieder unter Strom gesetzt und das Loch in der Ecke, das mir als Klo dient, geflutet wird, machte ich mich natürlich eiligst daran, den noch in meinen Ohren und Augen klingelnden Abschleppwagen-Simulator zu deinstallieren und ihn durch dieses "Kleinod"" zu ersetzen. Hätte ich mir wohl auch sparen können. (Anmerkung des Lektor: Hör auf zu jammern... *peitsch*)

Hilft ja eh nix, also schwingen wir uns auf den Bagger oder lieber erst mal in das Startmenü, das es ohne große Anstrengung schafft, die Worte "uninspiriert"" und "arschhässlich"" neu zu definieren, aber ich habe mal gehört, sowas soll Geschmackssache sein. Ordentlich aufgelistet kann man hier zwischen den Spielmodi "Missionen"" und "Freies Spiel"" wählen und hat auch noch eine Baggerschaufel voll Optionen zur Verfügung, die es halt bei jedem anständigen PC-Spiel geben sollte. Gut soweit.

Starten wir also unsere erste Mission. In einer Kleingartensparte (wow, ist dieses Spiel verdeutscht) sollen wir erst baggern, um dann ein Rohr verlegen zu können (höhö). Leider heißt das im Klartext mit einem Bagger, der wohl beim Waschen eingegangen ist, wirklich nur den Graben für ein Abflussrohr zu buddeln, also frisch ans Wer...äh, wieso fährt der jetzt nicht wenn ich…? Oh toll, wieder so ein Umschaltunfug. Mit gleichzeitiger Benutzung von "WASD"" und den Pfeiltasten werden die meisten Fahrzeuge und ihre Appendagen (Baggerschaufeln, Kipplasterkippen, die Schiebedinger vorn an Planierraupenen) gesteuert.

Aber da hier ja simuliert wird und nicht arcademäßiges Actionschippen im Vordergrund steht, gibt es per Tastendruck bei den komplexeren Maschinen (wie eben Bagger) eine Zweitbelegung. Was sehr schnell sehr nerven kann, denn bis man sich gemerkt hat, welcher Tastendruck nun den vorderen Teil des Baggerarms einfahren lässt und welcher das Fahrerhäuschen um die eigene Achse drehen lässt, wird das virtuelle Klo in der Gartenkemenate wohl schon mehrmals übergelaufen sein.

Das Baggern selbst erweist sich dann aber zum Glück nicht als DIE Herausforderung, sondern die eigene Geduld, denn hier wird in Echtzeit gegraben und das heißt auf gut Deutsch: Laaaaaaaaangsaaaaam. Das spielt sich dann ungefähr so ab: An die markierte Stelle fahren, Baggerschaufel ausrichten, Schaufel in den Boden bohren, Schaufel anheben, Schaufel aus Versehen über der gerade ausgehobenen Stelle leeren, wieder schaufeln, alles auf die Seite schaffen, Repeat.

Eine gute Viertelstunde voller abwechslungsreichem Spaß *hust* Mir deucht, echte Simulationsfans, zu denen ich sichtlich nicht gehöre, haben Nerven aus Stahl und sind sehr einfach zufriedenzustellen, solange es "realistisch"" ist - simuliert halt.

Aber heute machen wir mal eine Ausnahme und wollen nicht nur meckern. Denn, Anfangs (die ersten fünf Minuten ca.) macht die ganze Sache tatsächlich Spaß und erinnert an Zeiten mit Spielzeugbaggern und LKWs im Sandkasten. Da hilft vor allem die als "realistisch"" angepriesene Materialphysik, mit der Sand Kiesel, etc. in Zeitlupe und eher wie braune Gelatineblöcke wirkend, doch immerhin zweckmäßig animiert sind.

Dazu gibt es beim Bagger-Simulator 2011 einen fast umfangreich zu nennenden Fuhrpark echter Bagger, Kipper, Planierraupen und Radlader, die (genug Geduld für die einzelnen Herausforderungen vorausgesetzt) für ordentlich Abwechslung in der Missionsart, wie auch im Handling bieten. Eher unschön, dass auf jedem Gefährt ein starrer, ausgestopft wirkender Fahrerdummy hockt, der eher gruselt, als dass er zum Realismus beiträgt. Vor allem an diesem Rüttelding, mit dem man unebene Böden plättet, indem man es vor sich herschiebt (der Fachmann wird wissen, was ich meine), wirkt das ganze recht lächerlich.

Lustig auch hier wieder die Physik: Vor uns steht ein riesiger Haufen Sand, ein kleiner Hügel mit, sagen wir mal 75° Gefälle. Was passiert nun also, wenn wir mit Vollgas den Bagger darauf zujagen lassen? Richtig, wir zischen ohne Geschwindigkeitsverlust an der Wand hoch. Also ich hab gelacht. Geht übrigens nur mit Sand, andere Wände lassen die Maschinen gerne und schnell verkeilen, dass es kein Vor, geschweige denn ein Zurück gibt. Und in diesem nicht seltenen Fall darf man die ermüdende Mission wieder von vorn beginnen! Hurra.

Die Areale (neben den Gärten gibt es noch ein unbebautes Innenstadtgrundstück , eine Kiesgrube und einen Windpark) sind eher zweckmäßig als hübsch gehalten und vor allem der Stadt-"Level"" beherbergt einige der von mir so heiß geliebten Ecken und Kanten zur ordentlichen Fahrzeugverkeilung. Freiraum wird hier auch klein geschrieben, denn die Spielwiesen sind auf recht wenige Quadratmeter beschränkt.

Dafür läuft der Bagger-Simulator 2011 die meiste Zeit wenigstens flüssig und hat bis auf ein paar auf und wegblippende Polygone keine größeren Grafikschäâ! Moment malâ, wir haben 2010! Doch, das ist Müll. Und da rettet auch das vorgeschobene "Simulator"" nix dran. Oder gerade deswegen. Denn mal ehrlich, zu einer gelungenen Simulation gehört es doch eben auch, dass das Ganze so aussieht wie in Echt. Und damit sind nicht nur die Fahrzeuge und die Bodenbeschaffenheit gemeint. Die starren Hintergründe, die seltsame Farbgebung, die knallharten Raumbegrenzungen (an denen man übrigens auch sehr schick hängen bleiben kann) sind dem Realismus doch eher abträglich.

Was das Ganze dann aber wirklich wieder in die Niederungen der von mir verachteten Softwaremüllhalde (das wär doch mal ein Level gewesen) schleudert, ist der Sound - eine Symphonie aus brutaler Eintönigkeit in Zahnarztbohrer-Moll. Jede Klitsche, auf die man sich hier schwingt, hat genau zwei Sounds: Einen zum Anfahren und den anderen, wenn der Motor dann läuft. Eine Viertelstunde lang. Ohne Hintergrundmusik. Nur leises Vogelzwitschern. Eine Viertelstunde lang! VVRMVRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRR!

Und auch das Geräusch ausgekippten Sandes (beim Baggern selber wird lieber auf jegliche Verlautbarung verzichtet) ist variabel wie ein Ziegelstein. Zwei oder drei "WUUUUSCH""-Soundloops müssen dem Baggernden da schon reichen. Quälitastisch.

Fazit:

Der Bagger-Simulator 2011 ist kein Totalausfall wie mein neuer bester Freund, der Abschleppwagensimulator 2010, aber von einer Spaß machenden Simulation wohl doch noch etwas weiter entfernt. Mein Tipp für alle Baggerfreunde, die wirklich und unbedingt alles mit einer Schaufel haben und benutzen wollen: Interne Soundeffekte und alles was nach Tönen aussieht auf Null drehen und im Hintergrund den Mediaplayer eigener Wahl mit den "Besten Baggersounds der 80"er, 90"er und das schönste Sandgeriesel von heute"" abdudeln lassen. Baggermanns Heil."

26. November 2010, von Mirco P. 'Mirco P.'

Bagger-Simulator 2011

PC Spiel

GenreSimulation
Publisherastragon
Release10.09.2010
Distributorastragon
EAN4041417312528