Review (DVD): Mammut

Ellen (Michelle Williams, "Brokeback Mountain", und Leo (Gael Garcäa Bernal, "Amores Perros", "Die Reisen des jungen Che") sind ein glückliches Ehepaar der New Yorker Upper Class - sie ist Ärztin, er Spieleentwickler. Zum beruflichen Glück gesellt sich das private in Form ihrer gemeinsamen achtjährigen Tochter Jackie (Sophie Nyweide). Da beide voll berufstätig sind und Leo sich auch öfters auf Dienstreisen befindet, kümmert sich das philippinische Kindermädchen Gloria (Marife Necesito) um die Erziehung von Jackie. Was Ellen und Leo jedoch nicht wissen: Gloria hat...

...in ihrer Heimat zwei Jungs zurückgelassen, die bei ihrer Grußmutter aufwachsen und denen sie Geld zuschickt, damit sie nicht das gleiche Schicksal wie viele ihrer Altersgenossen ereilt, nämlich in Armut dahinzuvegetieren, kriminell zu werden oder als Kinderprostituierte zu enden. Doch die Mutter wird immer mehr von ihren Söhnen vermisst, so dass sich eine Katastrophe anbahnt...

Gleichzeitig befindet sich Leo in Thailand bei Verhandlungen über ein neues Spiel, bei denen eigentlich nur seine Unterschrift benötigt wird, da alles andere von seinem Manager erledigt wird. Während seiner Frau mittlerweile zuhause der Ärzteberuf psychisch immer mehr zusetzt, weiß er vor lauter Langeweile nicht richtig, was er machen soll und entschließt sich schließlich zu einem mehrtätigen Trip an die Küste. Hier lernt er eine Prostituierte kennen, für die er von Anfang an Mitleid empfindet und die er aus seinem Elend retten möchte - doch wie soll dies funktionieren?

An und für sich ist die Grundidee von "Mammut" ja nicht schlecht. Das wohlhabende Ehepaar, dass zwar lieb und nett zu ihrer Bediensteten ist, aber nichts von ihrem wirklichen Leiden mitbekommt, der weltfremde Entwickler, der hofft die Welt bessern zu können und Menschen, die Opfer der Globalisierung werden, indem ihre Familien aufgrund des wirtschaftlichen Ungleichgewichts auseinandergerissen werden, sind eigentlich gute Komponenten für ein kritisches Drama über die Folgen der Globalisierung.

"Mammut" versagt jedoch grandios. Was eine scharfe Globalisierungskritik sein könnte, verkommt zur einer "Globalisierung-finde-ich-irgendwie-nicht-ganz-so-gut"-Designertapete - selbst das größte Elend sieht optisch noch recht chic aus. Eigentlich kann man bei dem Film problemlos auch nebenbei ein Buch lesen, da es einen Hauch von Dramatik erst in der 95. Minute gibt und dieser dramatische Moment auch nur maximal fünf Minuten andauert - danach geht der Film allerdings noch fast zwanzig ziemlich belanglose Minuten weiter.

Dabei möchte zu allem Ãœberfluss "Mammut" erzähltechnisch intelligenter sein, als es der Film in Wahrheit ist - eine wirkliche Verstrickung der Handlungsstränge gibt es gar nicht. Volles Mitleid gilt dabei Darstellerinnen und Darsteller, die eigentlich alle ihr Bestes geben. Und leider ist das Beste an "Mammut" gar nicht essenziell für ein Drama notwendig - nämlich der gelungene poppig-flockige Soundtrack und die wohlkomponierten Bilder, die sogar öfters mächtig unpassend und kontraproduktiv wirken.

Die von Ascot Elite / MFA veröffentlichte DVD kann technisch voll überzeugen, insbesondere die Bildqualität - da ist es schon überraschend, dass es von "Mammut" keine Blu-Ray-Veröffentlichung gibt. Als Extras gibt es ein Interview mit Hauptdarsteller Gael García Bernal und Regisseur Lukas Moodysson, hinzu kommt eine Ãœberraschung bei den Tonspuren, die alle in 5.1 vorliegen und das nicht nur in den Sprachen Deutsch und Englisch, sondern auch Thailändisch und Tagalog (einem philippinischen Dialekt).

Fazit: Insgesamt ärgerlich.... "Mammut" hätte wirklich Potential gehabt, ersäuft aber in Belang- und Harmlosigkeit. Noch nicht mal als Drama funktioniert der Film wirklich, stattdessen glaubt man öfters trotz einiger weniger Schockszenen ein lauschiges Hintergrundfilmchen für eine Lounge-Bar zu sehen - was für dramatisch gedachte Globalisierungskritik eindeutig zu wenig ist.

9. Februar 2011, von Reinhard 'Reinifilm' Rieß