Review (Kino): TRUE GRIT

"Der Gottlose flieht, auch wenn niemand ihn jagt" - Der Schurke Tom Chaney (Josh Brolin) erschoss den Vater der vierzehnjährigen Mattie Ross (Hailee Steinfeld) und floh in die letzten wilden und gesetzlosen Gebiete hinter Fort Smith, den letzten Außenposten der Zivilisation. Mattie ist nun ganz alleine nach Fort Smith gekommen - nicht nur um die Leiche ihres Vaters zu überführen und einige Geschäfte zu erledigen. Sie will vor allem eines: RACHE. Klar, dass niemand dies einer Vierzehnjährigen zutraut, erst recht nicht im Wilden Westen...

Doch Mattie Ross lässt sich nicht beirren. Sie schafft es tatsächlich, den heruntergekommenen und alkoholsüchtigen U.S. Marshal Rooster Cogburn (schön versifft: Jeff Bridges) für die Jagd auf Tom Chaney zu engagieren - eine Wahl, die sie fällt, da Cogburn aus ihrer Sicht wirklich Schneid (""True Grit"") besitzt. Wie sich allerdings bald schon zeigt, gibt es noch einen weiteren Jäger von Chaney. Der Texas Ranger LaBoeuf (Matt Damon) will das Kopfgeld, dass auf den Verbrecher Chaney ausgesetzt wurde, da dieser in Texas einen Senator erschossen hat.

LaBoeuf ist zwar Ranger, aber gleichzeitig ein eitles Greenhorn. Außerdem will er von Mattie Ross nichts wissen, da er diese gar nicht erst voll nimmt. Dennoch bilden Mattie, Cogburn und LaBoeuf eine wackelige Allianz gegen Tom Chaney, der sich mittlerweile ausgerechnet einer der gefährlichsten Banden der Gegend angeschlossen hat. Noch schlimmer wird es jedoch für Mattie Ross und ihren Racheplänen, als der eh schon brüchige Zusammenschluss gegen Chaney endgültig auseinanderbricht und es auch keinerlei Spuren mehr von ihm gibt...

Die große Stärke von ""True Grit"" sind die Emotionen, die der Film in die Herzen der Zuschauerinnen und Zuschauer transportiert. Hier schaffen es die Versager, die Schwachen und die Unerfahren sich zu solidarisieren und das Böse zu bekämpfen, dass sich dann auch als alles andere als unbesiegbar entpuppt. Und nicht nur das, die Guten bleiben dabei letztendlich ihren Prinzipien treu und verraten diese auch nicht, wenn das Böse es mit Tauschgeschäften versucht.

Schon allein dadurch ist ""True Grit"" meilenweit von dem Zynismus der Italio-Western Marke ""Leichen pflastern seinen Weg"" entfernt und steht ganz klar in der Tradition der großen us-amerikanischen Cowboy-Streifen. In Sachen Brutalität und Realismus nähert man sich jedoch durchaus den Vorgängern vom Mittelmeer an - zwar nicht ganz so selbstzweckhaft, aber Einschüsse und Verletzungen fallen schon mal ziemlich blutig aus und nicht jeder trägt ein perfektes Gebiss mit strahlendem Lächeln.

Sicherlich schrammt ""True Grit"" bei der Darstellung des Guten einige Male am Kitsch vorbei, aber man kann es diesem Western einfach nicht übel nehmen. Da verzeiht man selbst die Ãœberstilisierung von Mattie Ross als unschuldiger Teenager, auch wenn ihr Gesicht und ihre Frisur stets makellos und ihre Kleidung selbst nach dem Durchreiten eines schlammigen Flusses immer noch sehr sauber und ziemlich trocken aussieht - zu diesem Zeitpunkt haben die drei Hauptcharaktere eh schon alle Sympathien des Publikums auf ihrer Seite.

Gerade bei diesen Hauptcharakteren zeigt sich dann auch die schauspielerische Leistung von Hailee Steinfeld, Jeff Bridges und Matt Damon, denn eigentlich ist die Charakterisierung der Mattie Ross als resolute Vierzehnjährige, des Rooster Cogburns als raubeiniger, heruntergekommener Marshal mit Herz und des Rangers LaBoeuf als eitles Greenhorn im Vergleich zu anderen Charakteren im Film-Universum der Coen-Brüder verhältnismäßig eindimensional. Matt Damon, Jeff Bridges und ganz besonders die junge Hailee Steinfeld schaffen es jedoch meisterlich den Figuren Leben einzuhauchen, was im Übrigen auch für den recht kurz Auftritt von Josh Brolin als Vatermörder Tom Chaney gilt.

Die Filmmusik ist sehr gelungen, aber absolut beeindruckend ist bei ""True Grit"" die Kameraarbeit. Insbesondere an den weiten Landschaftsaufnahmen kann man sich kaum satt sehen. Diese Bilder schaffen es dann auch dem Publikum eine Vorstellung von dem zu vermitteln, was einst der Wilde Westen war: Unendliche Weiten voller Abenteuer und Gesetzeslosigkeit, von denen Ende des 19. Jahrhunderts (in dieser Zeit ist ""True Grit"" auch angesiedelt) noch etwas vorhanden war.

Fünfundzwanzig Jahre später ist so gut wie nichts davon mehr übrig und die einstigen Helden sind verschwunden oder treten im Zirkus auf - der Wilde Westen ist nur noch Legende, aber die Hoffnung ist da, dass die Zivilisation von denen aufgebaut wurde, die für ihre Ideale in der Gesetzlosigkeit kämpfen. Und so endet ""True Grit"": Als toller Western mit Herz, der auf allzu große Action verzichtet und eigentlich ziemlich altmodisch ist. Man sah beim Verlassen des Kinos überall gerührte und zufriedene Gesichter!"

18. Februar 2011, von Reinhard 'Reinifilm' Rieß