Review (DVD): Time of the Gypsies
Jugoslawien, in den 80zigern: In einem recht armen Zigeunerdorf lebt der "Soldatenjunge" Perhan zusammen mit seiner Mutter, seiner Schwester und seinem nichtsnutzigen älteren Bruder. Als er sich in das schönste Mädchen des Dorfes verliebt, nimmt das Drama seinen Lauf - denn Perhan will...
...Azra, so der Name des Mädchens, unbedingt heiraten, was auch auf Begeisterung ihrerseits stößt. Leider verweigert Ruza, die Mutter von Azra, ihre Zustimmung, da Perhan ihrer Ansicht nach ein Volltrottel und außerdem viel zur arm für ihre Tochter ist. Um an genügend Geld für die Heirat zu kommen, macht der gutmütige Perhan einen fatalen Fehler: Er schließt sich einer Bande von Verbrechern an, die ihr Geld mit Diebstahl, gewerbsmäßiger Bettelei, Prostitution und dem Verschachern von Diebesgut erbeuten...
Emir Kusturica hat mit "Time of the Gypsies" genau jene Art von Filmen erschaffen, die sich einer allgemeinen Bewertung entziehen - sehr speziell ist nicht nur seine Machart, auch seine Zielgruppe ist fernab des Mainstreampublikums, dies sogar noch stärker als bei "Schwarze Katze, weißer Kater", "Underground" und "Arizona Dream", den bekannteren Filmen des Regisseurs. Hinzu kommt, dass Kusturica sich an vielen Stellen des Films über erzählerische Konventionen hinwegsetzt und stattdessen Momentaufnahmen skurriler Situationen festhält, so dass die Auszeichnung für die "Beste Regie" 1989 in Cannes eine mutige Entscheidung der Jury war, auch wenn es tatsächlich eine meisterhaft inszenierte Traumsequenz gibt.
Die eigentliche Handlung erscheint dabei eher nur als Alibi für die Aneinanderreihung von chaotischen Szenen aus dem Leben der Zigeuner in den achtziger Jahre in Verbindung mit ihren Weisheiten, Gebräuchen und ihrer Musik - gespielt von echten Roma. Diskussionswürdig hierbei ist die Darstellung der Verbrecher unter ihnen, diese ist nämlich bei aller Intellektualität des Films nicht weit von rassistischer Propaganda entfernt und hat nichts mit lustiger Folklore zu tun (auch wenn man dem Regisseur sicherlich keine Absichten dieser Art unterstellen kann).
Winklerfilm hat jetzt soviel Mut bewiesen und diesen gänzlich unkommerziellen Film auf DVD veröffentlicht. Diese bietet ein sehr gutes Bild und einen äußerst ansprechenden Ton. Bei den Extras kann man sich an dem Trailer, einem alternativen Ende und einem zwanzigminütigen Interview mit dem Regisseur erfreuen. Sehr ansprechend ist im Ãœbrigen auch die Gestaltung des Covers geworden: Abgesehen von dem hübschen Design ist es positiv, dass die DVD in einem FSK-Label-freien Pappschuber steckt.
"Time of the Gypsies" ist alles in allem ein schwer zu konsumierender Film, der gängige Erzählweisen und Filmstrukturen über weite Strecken gänzlich ignoriert. Wer jedoch das ungewöhnliche Filmerlebnis im Arthaus-Bereich liebt, wird angesicht vieler erlesener Kameraeinstellungen, unverbrauchten Darstellerinnen und Darstellern und der ungewohnten Herangehensweise an das Thema "tragische Liebe", das ja das Hauptmotiv von "Time of the Gypsies" ist, voll auf seine Kosten kommen.