Review (Kino): Ruhet in Frieden - A Walk Among the Tombstones (OmU)

In Ruhet in Frieden wagt sich der neue Stern am Action-Thriller-Himmel, der Jungspund Liam Neeson an einem Spaziergang zwischen Grabsteinen. Wie er sich als Private Eye in Scott Franks Verfilmung des gleichnamigen Romans von Lawrence Block schlägt, solltet ihr besser schnell hier nachlesen.

I walk a lonely road…

Nachdem er seinen Dienst quittierte, führt Matthew Scudder (Liam Neeson) ein bescheidenes und trostloses Leben als Privatdetektiv. Nach einer anscheinend zufälligen Begegnung mit Peter (Boyd Holbrook), der von seinem Bruder losgeschickt wurde, Scudder anzuheuern, ändert sich dies aber schlagartig. Der besagte Bruder (Dan Stevens), seines Zeichens Drogenhändler, beauftragt Scudder nämlich mit der Suche nach seiner entführten Frau, oder besser gesagt, nach ihren Mördern. Ziemlich schnell eröffnet sich Scudder, das hinter der Sache eine Menge mehr steckt, als es den Anschein macht. Doch aussteigen kann er nicht mehr, denn schon nach einer kurzen Ermittlungsphase steckt er einfach schon zu tief in dem ganzen Schlamassel drin. Und so beginnt ein regelrechtes Katz-und-Maus-Spiel durch New York zwischen Scudder und den beiden Mördern…

Eine Sache muss ich vorweg klarstellen: Ich habe den Roman nicht gelesen, weswegen ich den Film als eigenständige Einheit ansehen werde. Weiterhin muss ich sofort erwähnen, dass es Ruhe in Frieden nicht schafft, die Spannung, die im Trailer aufgebaut wird. Im Film ähnlich zu erzeugen, geschweige denn über die knapp 90 Minuten zu halten. Zu Beginn wird man schon noch in die Story reingezogen, da alles noch recht realistisch und nachvollziehbar wirkt. Doch ab ca. der Hälfte des Films, oder genauer gesagt mit der Einführung von TJ (gespielt von Brian "Astro" Bradley), verliert der Film unheimlich an Dynamik. Dies ist zurückzuführen auf eine, sagen wir mal unglückliche Auswahl an dargestellten Szenen, die zum Teil einfach unwichtig sind und nichts zum Plot beitragen, einer großen Menge Plot-Convenience, sowie im Großen und Ganze, schwach gezeichneten Charakteren. Ruhet in Frieden fühlt sich einfach zu sehr konstruiert an. Je mehr ich über den Film nachdenke, desto schlechter wird er in meinem Kopf. Es fallen mir einfach so viele Szenen ein, die keinerlei Berechtigung haben, in dem Film zu sein, da sie einfach keinen Zweck erfüllen und den Plot nicht wirklich voranbringen. Von den Plot-Holes will ich eigentlich gar nicht erst anfangen zu reden. Auch das Ende des Films ist einfach nicht zufriedenstellend, da es nichts abschließt. Das mag im Roman beabsichtigt gewesen sein und dürfte da auch geklappt haben, nur kommt es nicht so gut im bewegten Bild rüber. Dabei kann Ruhet in Frieden mit einigen Plotsträngen aufwarten, die Lust auf mehr machen. Warum zum Beispiel schaltet sich in einer Szene das DEA in Scudders Ermittlungen ein, kommt aber nach dieser Szene nicht mal mehr in einer einzigen Erwähnung im Film vor? Sehr schade und enttäuschend.

Ganz neu: Der Anti-Comedic-Relief

Schauspielerisch erwartet die Zuschauer leider auch nur austauschbare Durchschnittsware. Bis auf Liam Neeson könnte man alle anderen Charaktere auch einfach mit anderen Schauspielern ersetzen und man würde exakt den gleichen Film bekommen. Doch selbst Neesons Scudder ist nichts weiter als ein wandelndes Stereotyp. Ehemaliger Bulle, der aufgrund einer tragischen Backstory-Wound seinen Job schmeißt und von da an als Private-Eye arbeitet? Check. Unverständnis, wie damals aktuelle Technik funktioniert, was im Film als Running Gag aufgetan wird? You bet. Badass, der sich immer und überall zu helfen weiß und relativ ungeschoren aus jeder heiklen Situation kommt? Naturellement. Neeson passt zwar perfekt in diese Rolle und verkörpert diese auch meistens brillant (soweit möglich), doch handelt es sich bei diesen Figuren beinahe ausschließlich um flache Charaktere, die keine wirkliche Entwicklung durchgehen und eher durch ihre Fähigkeiten als durch Charisma oder besondere Charaktereigenschaften überzeugen. In Taken hat das auch noch gut geklappt, doch bereits Taken 2 war ein Schritt in die falsche Richtung. Ruhet in Frieden setzt diesen Abwärtstrend leider fort. Hier könnte der Protagonist auch Neesons Brian Mills aus Taken sein und man würde nicht den geringsten Unterschied merken.
Negativer Höhepunkt des Films ist Brian Bradleys TJ. Das soll nicht heißen, dass Bradley seine Rolle schlecht spielt. Nur ist der Charakter TJ einfach eine Frechheit. Als Comedic-Relief gedacht, erreicht er jedoch genau das Gegenteil und nervt doch mehr als alles andere. Zudem bewegt er sich zwischen Karikatur und dem Versuch, Stereotypen gegenüber afro-amerikanischen Jugendlichen abzubauen, hin und her. Er überzeugt in einer Szene nicht nur mit seinen Street-Smarts, sondern auch mit seiner Belesenheit, nur um sofort darauf ein langgezogenes „shiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiit“ oder „bitch“ loszulassen. Mehr als ein Mal musste ich mit meinen Augen rollen, als er als eine Art „TJ ex machina“ benutzt wurde, um den Plot weiter voranzutreiben. Auch wenn es sich hier um eine Buchverfilmung handelt, so eine karikative Zeichnung eines afro-amerikanischen Teenagers ist einfach nicht mehr zeitgemäß und schon beinahe beleidigend.

Fazit

Mir tut es immer in der Seele weh, wenn ich einem Film mit Liam Neeson eine schlechte Bewertung geben muss. Aber in diesem Fall komme ich einfach nicht drum herum. Ruhet in Frieden - A Walk Among the Tombstones versprach im Trailer eine Menge Spannung und Mystery, hat jedoch in der vollendeten Fassung mit Pacing-Problemen, viel verschenktem Potenzial und grässlich gezeichneten und auswechselbaren Schauspielern zu kämpfen. Leider ein fetter Daumen nach unten.

20. November 2014, von Steffen 'S. Fölsch' Fölsch

Universal Pictures

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Ruhet in Frieden - a walk among the Tombstones

Kino

Release13.11.2014
DistributorUniversum Film
Laufzeit1h 53m
DarstellerLiam Neeson Dan Stevens Boyd Holbrook Brian 'Astro' Bradley
RegieScott Frank

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