Review (DVD): Kill Your Darlings - Junge Wilde

Kill Your Darlings - Junge Wilde (Kill Your Darlings) ist ein Film des Regisseurs John Krokidas von 2013, der in den Hauptrollen mit Daniel Radcliffe (ehemals Harry Potter) und Dane DeHaan (ehemals Green Goblin) großartig besetzt ist.
Die Geschichte startet 1944 in der Studienzeit der ersten Beat-Generation-Protagonisten, mit ihren Freundschaften, Liebesbeziehungen, literarischen Exkursen und einem Mord, der auf realen Ereignissen beruht. Gezeigt werden Sturm und Drang Allen Ginsbergs, Jack Kerouacs und William S. Burroughs': „Wer schreibt, ist da, wo’s weh tut."

Mindestens zwei Schlüsselszenen bleiben im Gedächtnis von den 104 Minuten dieses Films, der sich bis zuletzt weigert, das Erwartete zu liefern oder zumindest zu ermöglichen, dass der Schmerz nachlässt.

Die eine Schlüsselszene ist der nächtliche Einbruch in die Bibliothek, die Allen Ginsberg, Lucien Carr und Jack Kerouac bei dem Versuch, ihren Weg durch die dunklen Gassen der indizierten Schriften zu finden, im hellen Tageslicht der guten Sitten scheitern lassen. Die andere ist die Bepflasterung einer Wand mit ausgeschnittenen Zetteln aus Büchern, die hier erst als Fragmente Bedeutsamkeit erlangen können.

Lucien Carr, der niemals selber schreibt, sondern dies als Liebesdienst von seinen Freunden erledigen lässt, bedient die homoerotische Sehnsucht Allen Ginsbergs scheinbar zu diesem Zweck. Dieser ist seiner Zuneigung lange verfallen, bis er spät seinen persönlichen Tag der Befreiung erlebt. Es ist zufällig der 8. Mai 1945, an dem auch Allen zu sich selber findet.

Die Erzählweise ist schnell, die Dialoge sind es ebenfalls. Auch in der Darstellung des literarisch-intellektuellen Diskurses zwischen den Protagonisten gibt es kein Innehalten, keine Momente der Tiefe. Dieser Diskurs ist die Folie, auf der alles passiert, nicht mehr. Während die Filmsprache die meiste Zeit so unprätentiös wie überzeugend ist, überkommt sie gegen Ende, wenn der brutale Mord Luciens an David passiert, ein ästhetisierender Pathos in Bild und Musik, der einen Bruch darstellt und kaum erträglich ist. Dies ist zweifellos die schwächste Szene des ganzen Films.

„Kill your darlings“ ist die Bebilderung einer grundlegenden Fragestellung nicht nur für den Literaturbetrieb, sondern für unsere Kultur als Ganzes: Welche Regeln brauchen wir, und wie sehr brauchen wir die, die sie brechen, um die wahren Regeln von den falschen zu unterscheiden? So ehrenhaft der Versuch, so anstrengend in Teilen das Scheitern. Alles in allem lohnend, aber kein Klassiker. Doch einen solchen hätte auch Allen Ginsberg eigentlich nie schreiben wollen.

Die qualitativ überzeugende DVD enthält in den Extras charmante Eindrücke von der Präsentation des Films auf dem Toronto- Filmfestival, ein Gespräch mit Daniel Radcliffe und Dane DeHaan, entfallene Szenen, die Trailer sowie den obligatorischen Audiokommentar.

9. Juni 2014, von Uwe 'UMK' Kawohl