Review (Blu-Ray): Drecksau

Der Glasgower Detective Sergeant Bruce Robertson (James McAvoy) ist die Widerwärtigkeit in Person: Er findet seinen Job beschissen, hasst alles und jeden und ganz besonders seinen Kollegen und seinen Vorgesetzten. Seine Frau will jedoch, dass er zum Detective Inspector befördert wird, deshalb setzt er wirklich ALLES daran dieses Ziel zu erreichen: Er spürt nach und nach bei seinen Kollegen die eine oder andere Schwachstelle auf und nutzt diese gnadenlos aus - da wird dann auch schon mal jemand als schwuler Liebhaber angeheuert, nur um ...

... einen Konkurrenten beim homophoben Chef in Misskredit zu bringen.

Gleichzeitig bekommt er die Gelegenheit seine Chancen auf den begehrten Posten des Inspectors durch die Leitung in zwei Ermittlungen stark zu verbessern - einen Mord an einen asiatischen Austauschstudenten und ein perverser Anrufer bei der Frau eines Logenbruders des Polizeichefs. Dumm nur, dass Bruce im zweiten Fall selber der Täter ist und er mit dem ersten Fall auch mehr zu tun hat, als ihm lieb sein könnte. Außerdem nehmen die Probleme mit seiner Frau sowie seine Sex- und Drogensucht immer mehr zu, so dass er allmählich komplett die Kontrolle verliert ...

Der Ende der 90er Jahre veröffentlichte Roman "Drecksau" des "Trainspotting"-Autors Irvine Welsh war seinerzeit in Großbritannien ein Skandal, den die englische Polizei wurde als mieser, rassistischer und korrupter Dreckshaufen dargestellt, außerdem gab es im Buch diverse recht explizite Szenen. Einige von diesen wurden letztendlich aus Jugendschutzgründen in der Verfilmung von "Drecksau" entweder abgemildert oder gleich weggelassen, dennoch ist Filmfassung von "Drecksau" absolut kein Kind von Traurigkeit - auch hier kennt Bruce Robertson keinerlei Gnade und gibt den ungehemmten Widerling.

Besonders gut gelingt es dann den Film die verborgene Seite von Bruce zu zeigen - warum er eigentlich eine "Drecksau" ist und dass irgendetwas mit ihm und auch mit der Beziehung zu seiner Frau nicht stimmen kann. Die Betonung dieses Aspektes ist die Stärke der Verfilmung. Dies ist vor allem Hauptdarsteller James McAvoy zu verdanken, der hier eine absolute Meisterleistung abliefert. Der Wandel vom gnadenlosen Arschloch bis zum an sich selbst zerbrechenden, durchaus mitleidswerten psychisch Gestörten geliegt McAvoy perfekt, gegen ihn verblassen sogar die zahlreichen guten Nebendarsteller (u.a. Imogen Poots, Jamie Bell, Shirley Henderson und Eddie Marsan) trotz guter darstellerischer Leistung.

Der Schnitt ist an einigen Stellen vielleicht ein Tick zu hektisch, die Kamera selbst kann überzeugen. Das gilt auch für die recht abwechslungsreiche Filmmusik, insgesamt eine überzeugende Leistung von Regisseur Jon S. Baird. Überzeugend ist auch die technische Umsetzung der "Drecksau"-BluRay von Ascot Elite in Sachen Ton und Bild, außerdem gibt es auch ein paar Extras (Interviews, B-Roll, Featurette, Originaltrailer und natürlich eine Trailershow).

Einige Minuspunkte sollte man dennoch erwähnen: Aus nicht ganz nachvollziehbarem Grund gibt es am Anfang und ganz am Ende des Films gegenüber der Buchvorlage einige Änderungen, die der ganzen Geschichte etwas an dramatischer Wucht nehmen. Weiterhin wird Detective Sergeant Bruce Robertson überwiegend als eine Art Einzeltäter dargestellt, im Buch wird jedoch die gesamte Polizei in ein ziemlich schlechtes Licht gerückt. Und der größte Negativpunkt: Der Bandwurm, der heimliche Star des Romans, erscheint nicht im Film, es gibt allenfalls eine (ganz witzige) Anspielung auf ihn in Form eines Psychiaters.

Fazit

Das Buch ist ein Hammer, die Verfilmung gelungen - "Drecksau" ist fiese Komödie und Drama zugleich, ein Schlag in die Magengrube, bei dem man doch immer wieder Lachen muss. Trotz einiger kleiner Kritikpunkte: Eine echte Empfehlung!

27. Februar 2014, von Reinhard 'Reinifilm' Rieß