Review (Blu-Ray): American Mary

Die Medizin-Studentin Mary (Katharine Isabelle) hat sich auf den Bereich Chirurgie spezialisiert. Sie gilt zwar als eine der Besten ihres Faches, hat aber inzwischen privat diverse finanzielle Probleme.
Ein Job als Stripperin in einem Nachtclub soll den gewünschten Geldregen bringen, doch stattdessen wird ihr Geld für eine illegale Not-OP geboten. Diese ist nicht nur sowohl medizinisch als auch finanziell erfolgreich, sondern bringt ihr einen unerwarteten Besuch ein...

Operationen, die die Kasse nicht übernimmtEin Tages steht die stark operierte Beatress Johnson (Tristan Risk), eine Tänzerin aus besagtem Nachtclub, vor ihrer Tür und ist an den chirurgischen Talente von Mary interessiert - genauer gesagt eine Freundin von ihr, die eine extreme Bodymodification plant. Einzig das gebotene Geld bringt Mary dazu, dass sie die bizarren Wünsche der Kundin umsetzt und sie in eine lebende, quasi geschlechtslose Schaufensterpuppe verwandelt. Dies wird für Mary zur Initialzündung: Während ihr im realen Leben die männlichen Vorgesetzen das Leben zur Hölle machen, entdeckt sie privat ihre Erfüllung im Modifizieren von menschlichen Körpern...

Eben noch auf dem OP, demnächst im DschungelcampWarnung: Wer Szenen mit Messern und Nadeln hasst, für den dürfte schon der Vorspann von "American Mary" eine echte Tortur sein. In Großaufnahme sehen wir, wie ein Skalpell rosiges Fleisch aufschlitzt und vernäht, um dann kurze Zeit später zu erkennen, dass es sich hierbei nur um einen bereits gerupften Truthahn und nicht um einen Menschen handelt. Und mit solchen Assoziation spielt "American Mary" öfters - oft gibt es gar keine extrem blutigen Szenen, sondern nur Andeutungen oder entsprechend fiese Geräusche.

Halbgötter in weißDas Erfrischende an "American Mary": Leicht hätte man aus der Story den x-ten Torture Porn machen können, stattdessen legt die Regie (die Zwillinge Jen und Sylvia Soska) einen ganz starken Fokus auf die weibliche Hauptdarstellerin und wie sich einerseits gegen männliche Unterdrückung wehrt (an ihren Vergewaltiger rächt sie sich dann auch entsprechend drastisch) und andererseits anfängt sich selbst nicht nur als kalte Chirurgin und Handlager von männlichen Ärzten zu sehen, sondern als kreative Schöpferin am menschlichen Körper.

Leg dich nie mit einer Chirurgin an!Dabei überzeugt vor allem die Hauptdarstellerin Katharine Isabelle als Chirurgin Mary: Vom grauen Mäuschen, Sexsymbol, Todesengel, verrückte Wissenschaftlerin und bis hin zur Künstlerin bietet sie eine breite Palette von Darstellungen, in denen sie mit Bravour überzeugt. Die Soska-Zwillinge haben sogar selbst einen kurzen, aber recht witzigen Auftritt. Ansonsten gibt es diverse Seriendarsteller und einige Personen mit echten Bodymodifications. Ach ja, Tristan Risk als eine Art Gruselvariante von Betty Boop und Paula Lindberg als extrem umoperierte Modedesignerin wirken mächtig creepy, hier hat die Maske ganze Arbeit geleistet.

Mary in AktionEbenfalls beeindruckend ist die Kameraarbeit bei "American Beauty", es gibt diverse optisch eindrucksvolle Szenen, die sich ins Gedächtnis brennen, die dezente Filmmusik tut ihr übriges. Entsprechend gut sind auch Bild und Ton bei der BluRay-Veröffentlichung von Universal. Bei dem uns vorliegenden Presse-Vorabrelease gab es als Extra noch ein "Hinter den Kulissen"-Feature und eine längere Interview-Reportage mit den Soska-Zwillingen, in denen sie sich außerordentlich sympathisch präsentieren.

Auftritt der Soska-ZwillingeAllerdings gibt es bei "American Mary" auch einen echten Kritikpunkt: Die eigentliche Erzählung. Die Geschichte von Mary wird recht holprig erzählt, Belanglosigkeiten werden ausgewalzt und der eigentliche Erzählfluss durch unnötige Nebenschauplätze und Flashbacks gerne mal unterbrochen. Das Ende von "American Mary" ist außerdem zwar optisch eindrucksvoll, aber inhaltlich recht unspektakulär.

Mary lässt sich nichts mehr gefallenAußerdem glaubt man als Zuschauer immer wieder, dass der Film neben "Männer sind (oftmals) Schweine“ noch eine tiefere Message vermitteln will, diese Ansätze verpuffen jedoch immer wieder. So erfährt man z.B. in den Extras von den Soska -Zwillingen, dass sie auch mehr Verständnis für die Bodymodification-Szene vermitteln wollten, davon findet man in "American Mary" allerdings nicht allzu viel, allenfalls eine feministisch angehauchte Kritik an allzu männlichen Verhaltensweisen.

Mary und FreundeTrotz der erzählerischen Schnitzer: "American Mary" ist ein gelungener Genre-Beitrag aus einer sehr weiblichen Perspektive geworden, der neue Impulse für den Schocker-Bereich liefert und - ja, der Film liefert so etwas wie "weiblichen Horror", was bei diesem von Männern dominierten Genre sowieso eine willkommene Abwechslung darstellt. "American Mary" erscheint jetzt auf Blu-Ray und DVD von Universal.

Fazit: Für Freunde besonderer Horrorfilme gilt: "American Mary" sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen!

27. März 2013, von Reinhard 'Reinifilm' Rieß

American Mary - Blu-Ray Cover
Operationen, die die Kasse nicht übernimmt
Eben noch auf dem OP, demnächst im Dschungelcamp
Halbgötter in weiß
Leg dich nie mit einer Chirurgin an!
Mary in Aktion
Auftritt der Soska-Zwillinge
Mary lässt sich nichts mehr gefallen
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