Preview (Kino): Trance - Tödliche Erinnerung

Was ist Realität? Wann spielt dir dein Unterbewusstsein einen Streich? Mit diesen Fragen wird James McAvoy in Danny Boyles neuem Film Trance - Tödliche Erinnerung konfrontiert. Am 8. August startet der Thriller in die deutschen Kinos und fordert die sonst so passiven Zuschauer heraus, auch ihrer eigenen Wahrnehmung zu misstrauen ...

Simon (James McAvoy), ein junger Kunst-Auktionator, soll für den korrupten Franck (Vincent Cassel) während einer Auktion ein wertvolles Goya-Gemälde stehlen. Doch Simon hält sich nicht an die Abmachung und wird während des Raubs bewusstlos geschlagen. Als er wieder zu sich kommt, weiß er nicht, was geschehen ist, geschweige denn, wo das Gemälde versteckt ist. Franck beauftragt die Psychologin Elizabeth (Rosario Dawson), die die fehlenden Informationen aus Simons Gedächtnis ans Tageslicht bringen soll. Durch viele Sitzungen und Hypnosen versucht Simon seine Gedächtnislücken wieder zu schließen, doch bald kann er nicht mehr zwischen Realität und Unterbewusstsein unterscheiden…

Danny Boyle wurde 2009 mit dem Academy Award als "Bester Regisseur" für Slumdog Millionaire (2008) ausgezeichnet. Zudem gewann der Film acht Oscars, unter anderem als "Bester Film". 127 Hours (2010) mit James Franco als Bergsteiger und Abenteurer sahnte zahlreiche Nomminierungen ab. Regie führte er außerdem bei dem Endzeit-Horrorthriller 28 Days Later (2008), bei The Beach (2000) mit einem jungen Leonardo DiCaprio sowie bei dem britischen Independent-Film Trainspotting (1996).

Trance beginnt wie ein gewöhnlicher Thriller, doch schnell eröffnet sich ein vielschichtiges und verstricktes Netz aus Sein und Schein, das auch den Zuschauer in seiner Wahrnehmung prüft. Es stellt sich heraus, dass nichts so bleiben muss, wie es ist. Regisseur Danny Boyle spielt mit filmischen Konventionen, indem er die subjektive Nähe zwischen Zuschauer und Figuren wechselt. Normalerweise gibt es den typischen Helden, den Protagonisten, zu dem eine identifikatorische Nähe aufgebaut werden soll. In der Regel sympathisiert der Zuschauer mit diesem und das bleibt auch bis zum Ende des Films so. Doch Trance spielt sehr erfolgreich mit diesem Sympathie-Empfinden. Zunächst wird der Film aus Simons Perspektive erzählt, doch mehr und mehr wird sie zu Francks. Und welche Rolle spielt Elizabeth?

Wie auch die Charaktere denkt man als Außenstehender, sich eine zuverlässige Meinung über die drei Hauptfiguren zu bilden. Dafür muss man sich jedoch darauf verlassen, was die Drei sagen und tun. Doch so zuverlässig, wie wir sie gerne hätten, ist unsere Wahrnehmung leider nicht. Man fühlt sich mehrfach ertappt und fragt sich, wann wurde meine Wahrnehmung manipuliert?

Um das zentrale Motiv des Films, die Hypnose, professionell umsetzen zu können, arbeitete das Filmteam um Danny Boyle im Vorfeld mit einem klinischen Psychologen und Forscher zusammen. Besonders die posthypnotische Suggestion spielt eine wichtige Rolle. Menschen können unter Hypnose Dinge vermittelt bekommen, die ihr Unterbewusstsein anschließend im wachen Zustand als persönliche Überzeugung aufzeigt. Simon lässt sich wieder und wieder in den Trancezustand versetzen, um eigentlich der Wahrheit auf die Spur zu kommen, um seine Gedächtnislücken schließen zu können. Doch langsam muss er sich die Frage stellen, ob seine Überzeugungen im wachen Zustand noch seine eigenen sind, oder ob sie womöglich manipuliert und kontrolliert werden. Kann er seinem Unterbewusstsein trauen?

Die Idee des manipulierten Gedankens, der ins Unterbewusstsein eingepflanzt wird, damit er dort gedeihen kann, erinnert an Christopher Nolans Inception (2010). Nur dringen hier die Manipulativen nicht mithilfe der Hypnose, sondern innerhalb der Träume in das Unterbewusstsein der „Opfer“ ein.

Zu Beginn scheint man einen Unterschied zwischen den sehr intensiven, surrealen Farben der Trancewelt und den dagegen trist wirkenden Farben der Alltagswelt zu erkennen. Doch selbst darauf kann man sich nicht verlassen, genau wie Simon verliert auch der Zuschauer die Orientierung zwischen Realität und Unterbewusstsein. Zahlreiche Spiegelungen, eine verkantete Kamera und ein hypnotischer satter Sound verstärken wie Goyas Gemälde „Flug der Hexen“ das Verlassen der Realität und das Betreten der Welt der Träume.

Desillusionierte Figuren, eine kollektive Identitätskrise, verschwimmende Grenzen zwischen Moral und Unmoral - auf diese klassischen Themen des Film noirs greift Danny Boyle zurück, um ein düsteres und instabiles Gesellschaftsbild zu zeichnen. Allen voran die Femme fatale Rosario Dawson, die als Sinnbild der Bedrohung eine ebenbürtige Gegenspielerin aufzeigt.

Das wichtigste Instrument eines Therapeuten, der seinen Patienten in Hypnose versetzen möchte, ist seine Stimme. Und so ist es nicht verwunderlich, dass der Zuschauer mit James McAvoys Stimme aus dem Off in den Film eingeleitet wird…

Fazit

Trance ist ein perfekt durchdachter Thriller mit dem überzeugend dynamischen Schauspielertrio McAvoy, Cassel und Dawson. Eingeleitet durch James McAvoys Stimme kommt man sich vor wie ein Hypnose-Patient im Kinosessel, dazu bereit, seine Wahrnehmung und sein Unterbewusstsein auf den Prüfstand zu stellen.

8. August 2013, von Katharina 'Katharina S.' Späth

Trance - Gefährliche Erinnerung

Kino

Facebookfb/20thCenturyFoxGermany
Release08.08.2013
GenrePsycho Thriller
Laufzeit1h 41m
DarstellerJames McAvoy Vincent Cassel Rosario Dawson
RegieDanny Boyle
MusikRick Smith