Kino (Preview): The Danish Girl

The Danish Girl ist die rührende Lebensgeschichte der (weitgehend unbekannten) dänischen Transgender-Pionierin Lili Elbe. Gespielt wird sie von dem Oscar-prämierten Briten Eddie Redmayne (Die Entdeckung der Unendlichkeit). Mit einer unvergleichlichen Zerbrechlichkeit und Feinfühligkeit nimmt er den Zuschauer mit auf eine authentische Selbstfindungsreise ...

Es beginnt als humorvolles Spiel zwischen dem Maler-Ehepaar Wegener: Der erfolgreiche Einar (Eddie Redmayne) schlüpft für seine Frau Gerda (Alicia Vikander) in die Rolle einer Balletttänzerin, damit Gerda ihr begonnenes Gemälde vollenden kann. Das Paar witzelt über Einars anfängliches Schamgefühl und gibt der dargestellten Tänzerin sogar einen Namen: Lili. Doch fortan beginnt in Einar immer mehr der Gedanke und schließlich auch das Verlangen nach einer weiblichen Identität zu reifen…

Aus Liebe zu seiner Frau schlüpft er in die Rolle der Lili, damit sie ihre Arbeit beenden kann. Liebe und vor allem der gegenseitige Respekt spielen in The Danish Girl eine zentrale Rolle. Mit nicht selbstverständlichem Verständnis (in den Zwanzigern wird Homosexualität als Krankheit betrachtet) begleitet Gerda Lili - ob als Ehefrau, Seelenverwandte oder beste Freundin. Dabei empfindet sie nie Hass, sondern versucht, Lili zu verstehen und merkt schnell, dass sie ihren Ehemann nicht zwingen kann, zu bleiben, sondern hilft ihr schließlich bei ihrer Verwandlung.

Eddie Redmayne verkörpert authentisch die zarte LiliDiese schmerzhafte aber nötige Entwicklung zwischen dem jungen Paar mimen Alicia Vikander und Eddie Redmayne unglaublich feinfühlig und authentisch. Dabei wirkt Lili zu keiner Zeit gekünstelt oder klischeebehaftet. Sie symbolisiert eine Zerbrechlichkeit, die mit jeder Rückweisung durch die verständnislose Gesellschaft droht, zu zerfallen. Mit langsamen Kamerabewegungen, sehr nahen Einstellungen und warmen Farben wird der Zuschauer zum Voyeur der zaghaften und vorsichtigen Verwandlung.

Es ist auch der zarte Stoff des Ballettkleides, der Einar aus der Fassung bringt. Seine Finger gleiten zögerlich und ehrfürchtig über den Hauch an Stoff. So wird ein ebenso zartes Halstuch von Gerda zum symbolischen Band zwischen Einar und seiner geliebten Frau. Sie schenkt es ihm, da sie merkt, wie er den Stoff bewundert. Über Kleidung findet Einar den Zugang zur Weiblichkeit. Er beginnt, erst heimlich, dann mit der Unterstützung seiner Frau, weibliche Kleidung zu tragen. Durch die verständnislose Gesellschaft findet das Paar nur wenige Vetraute wie Einars Jugendfreund Hans (Matthias Schoenaerts). So wird Gerda zu Lilis wichtigster Stütze und das Band zwischen den beiden wird durch Lilis Selbstfindung stark strapaziert. Aber es hält bis zum Schluss bis das Halstuch schließlich von Gerda über einer Klippe dem Wind überlassen wird. Als Hans den Schal wieder einfangen möchte, hindert Gerda ihn daran: „Lass ihn fliegen.“

Ein weiteres zentrales Motiv ist das Malen, das zelebriert wird von der Anfertigung der Leinwände, die mit Stoff überzogen werden, bis zum Zeichnen selbst. Die Kamera verfolgt die Pinselstriche und gestaltet sie als Lichtspiele. Abgesehen davon, dass das junge Ehepaar mit dem Malen sein Geld verdient, verarbeitet Lili mit dem Zeichnen des immer selben Motivs ihre Kindheitserinnerungen, in denen sie zum ersten Mal von einem Jungen geküsst wurde. Und über das Malen kommt Lili in den ersten Kontakt mit Frauenkleidern und der zuerst nur fiktiven Lili.

Wie die Malerei versucht, die Realität abzubilden, ahmt Lili andächtig und bewundernd in alltäglichen Momenten für sie anmutige und besonders weibliche Bewegungen von Frauen in ihrer Umgebung nach, wenn sie glaubt, unbeobachtet zu sein. Besonders wichtig sind ihr dabei die Hände, mit denen sie ihr Gesicht im Spiegel umrahmt wie ein Gemälde. Mal ist sie fasziniert von ihren weiblichen Zügen im Spiegelbild, dann verfolgt es sie wiederum beim Vorbeigehen an Fenstern. Ununterbrochen ist Lili im Kampf mit sich selbst. Gerade noch blickt sie mit ihren ausdrucksstarken Augen voller Abscheu an ihrer männlichen Statur herunter, dann positioniert sie sich wieder neu vor dem Spiegel und entdeckt weibliche Konturen.

Fazit

The Danish Girl ist nach Les Misérables die zweite, bemerkenswerte Zusammenarbeit des Oscar-prämierten Gespanns Tom Hooper und Charakterdarsteller Eddie Redmayne. Sehr authentisch und bewegend!

7. Januar 2016, von Katharina 'Katharina S.' Späth

Gerda wird zur wichtigsten Stütze von Lili
Eddie Redmayne verkörpert authentisch die zarte Lili