Feature | Ein ‚lebenslänglich‘ nur für eine paar geklaute Zigaretten ist nicht auszuschließen

Wenn Helge Schneider nach fast 20 Jahren einen neuen 00 SCHNEIDER Film dreht, dann horchen nicht nur seine eingefleischten Fans auf. Am 10. Oktober 2013 startet endlich sein neuer Kinofilm mit dem vielversprechenden Namen 00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse.
Im Interview spricht das Multitalent über seine ausgeklügelte Rolle, die Auswahl der Schauspieler und die speziellen Dreharbeiten bei einem Helge Schneider Film.

Was für ein Typ ist Kommissar 00 Schneider?
Roy Schneider weiß übrigens nicht, dass er von seinen Kollegen 00 genannt wird. Die spielen damit auf einen Film an, den es mal gegeben hat: 00 SCHNEIDER - JAGD AUF NIHIL BAXTER. Das ist so ein alberner Film, der aufgrund seiner Figur gedreht wurde. Da reagiert er ziemlich allergisch drauf, denn er ist ja ein echt harter Typ, einer der Härtesten, um genau zu sein. Er macht aber alles ohne Waffe, wie die ganze Polizeimannschaft auch. Außer dem Chief, der hat eine Waffe, aber die ist nie geladen. Roy Schneider macht alles mit Handkantenschlägen - wie Eddie Constantine: „Eddie krault nur kesse Katzen“, das ist das Vorbild von Roy Schneider. Und natürlich verweist auch die Namensähnlichkeit zu Roy Scheider, Hauptdarsteller in DER WEISSE HAI, darauf, dass er ein ganz Großer ist.

Wie hart er ist, merkt man sofort, wenn man einen Blick ins Drehbuch wirft: er fährt rasant Auto, fasst die Verbrecher gnadenlos mit harter Hand an…
In der Welt von Roy Schneider werden schon die kleinsten Vergehen unglaublich streng geahndet. Ein ‚lebenslänglich‘ nur für eine paar geklaute Zigaretten ist nicht auszuschließen. Roy Schneider ist ja ein militanter Nichtraucher, der sich mit dem Gequalme der Anderen herum ärgern muss. Er wirft sogar Zigaretten weg, von denen seine Kollegen gehofft hatten, sie zu bekommen. Da können sie aber nichts gegen machen, denn mit Roy Schneider legt sich keiner gerne an.

Was für ein Genre ist 00 SCHNEIDER - IM WENDEKREIS DER EIDECHSE? Harter Actionfilm, Krimi, Komödie?
Ich würde mal sagen, harter Actionfilm im Sinne von Film Noir, aber auch der Gerechtigkeitsliga oder Clint „Make-my-Day-Punk“ Eastwood. Alles natürlich sehr überzogen und so brutal, dass es schon wieder albern ist, extrem albern.

Wie wird man Schauspieler bei Helge Schneider?
Ich suche die Leute - es sind alle Amateure - danach aus, wie sie am besten zu den Rollen passen. Der Sittenstrolch war sofort klar, dass musste Rudi Olbricht sein. Im wirklichen Leben ist er zwar kein Sittenstrolch, aber er sieht so aus und spielt Bass. Es ist auch schwierig mit echten Schauspielern zu arbeiten. Die haben immer Angst, dass am Ende etwas heraus kommt, was nicht zu ihnen passt und sie dann keine Rolle mehr in einem anderen Film bekommen. Die wollen zwar immer mitspielen, aber wenn es ernst wird, machen sie meist einen Rückzieher. Darauf lasse ich mich nicht mehr ein. Keine Experimente mehr. Mit mir zu arbeiten, heißt auch Vertrauen zu haben, dass der Film ordentlich wird. Ich habe den Film ja im Kopf und kann auch ohne ein bis ins Detail ausgeklüngeltes Drehbuch immer alles genau auseinanderklamüsern. Als Regisseur muss mir natürlich die Möglichkeit gegeben werden, spontan am Drehort etwas im Skript zu verändern oder einen neuen Schauspieler einzubringen. Dafür brauche ich halt ein starkes Vertrauen.

Wie werden die Szenen am Set mit den Schauspielern gestaltet?
Ich richte mich nach den Begebenheiten des Augenblicks. Die Stärke dieser Amateure ist das, was sie mitbringen und das nutze ich direkt während des Drehs. Das macht auch den Film aus. Ich bin der Einzige, der da ein wenig rausknallt, weil ich eine Rolle spiele. Das gilt auch für Rocko Schamoni, der die Eidechse spielt. Er spielt eine extreme Rolle mit seinem Gebiss, den Haaren und dem Bart und überhaupt ist die ganze Figur so hingerichtet, wie er sich normal gar nicht bewegen würde. Ansonsten sind alle Typen typgerecht eingesetzt. Man kann sie so abfilmen.

Wie viel Takes brauchst du im Schnitt?
In den ersten Tagen hatte ich gehofft, es werden drei bis fünf. Dann sind wir aber bei etwa zehn angekommen. Aber das ist auch nötig. Ich muss auch Szenen mit Löchern weiter spielen lassen, damit derjenige, der spielt doch noch einen Höhepunkt hat, den ich später dann verwende. Daher achte ich darauf, dass zwischen den Aufnahmen nicht so viel gestört wird. Manchmal lasse ich drei, vier Mal wiederholen ohne die Klappe schlagen zu lassen.

Eine letzte Frage noch: was unterscheidet den Humor des Ruhrgebiets vom Rest der Republik?
Hier ist man ober-cool, woanders ist man nur cool. Man ist hier viel gewohnt. Humor hat auch mit Vertrauen zu tun, mal loszulassen, einfach mal gehen zu lassen. Das ist schon schön. Ich lebe gerne hier. Ruhrgebiet ist echt gut.

17. September 2013, von Markus 'Markus S.' Schaffarz